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Annäherung. Ungarns Regierungschef Viktor Orban (links) und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

© AP

Ungarn: Budapest hofft wieder auf Kredit der EU

Der Streit um die Budapester Notenbank ist beigelegt - aber Brüssel verklagt das Land in anderen Punkten

Die ersten versöhnlichen Signale gab es in Brüssel am Dienstagnachmittag. Ungarns Premierminister Viktor Orban war nach Brüssel gereist, um den schwelenden Streit zwischen der EU-Kommission und der Regierung in Budapest über die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank aus der Welt zu schaffen. Das Gespräch zwischen Orban und José Manuel Barroso habe „in konstruktiver Atmosphäre stattgefunden“, teilte die Sprecherin des EU-Kommissionschefs mit. Damit war klar, dass Orban den wesentlichen Zweck seines Besuchs erreicht hatte: Die von der Krise schwer gebeutelten Magyaren können wieder auf milliardenschwere Finanzhilfen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) hoffen, die wegen des Streits über die Unabhängigkeit der Budapester Zentralbank zunächst in weite Ferne gerückt waren.

Orban hatte dem Chef der EU-Kommission zugesagt, seine Gesetzgebung zur Stellung der Nationalbank zu ändern und damit die Brüsseler Bedenken auszuräumen. Zuvor hatte die EU-Behörde unter anderem moniert, dass eine Kürzung des Gehalts des Präsidenten der ungarischen Notenbank um 70 Prozent die Unabhängigkeit der Zentralbank einschränken könne. Um den Druck auf Ungarn zu erhöhen, hatte die EU-Kommission die Verhandlungen über die von Budapest dringend benötigten Milliardenhilfen auf Eis gelegt. Im November hatte Ungarn bei der EU und dem IWF einen Kredit in Höhe von 15 bis 20 Milliarden Euro beantragt.

Nach den Worten von EU-Kommissionssprecher Olivier Bailly wird die Brüsseler Behörde nun von einer Klage gegen Ungarn angesichts des Einlenkens im Streit um die Notenbank absehen. „Die EU-Kommission hat entschieden, dieses Verfahren einzustellen, sobald die entsprechende Gesetzgebung verabschiedet ist“, teilte die Kommission am Mittwoch mit. Gleichzeitig sei die Kommission bereit, die unterbrochenen Verhandlungen über den Milliardenkredit wieder aufzunehmen. An den Märkten wurde die Nachricht am Mittwoch mit einer Aufwertung des Forint gegenüber dem Euro um zwei Prozent registriert.

Trotzdem bleibt das Verhältnis zwischen der EU und Ungarn angespannt. In zwei anderen Punkten – der Unabhängigkeit der Justiz und dem Datenschutz – verklagte die EU-Kommission Ungarn am Mittwoch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Orban hatte zuvor angekündigt, das Renteneintrittsalter von Richtern, Staatsanwälten und Notaren von 70 auf 62 Jahre abzusenken. Das würde dazu führen, dass noch in diesem Jahr rund ein Zehntel der Richter ihre Posten räumen müssten. Die EU-Kommission sieht darin einen Verstoß gegen eine EU-Richtlinie, die eine Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund des Alters verbietet. Anstoß nimmt die Behörde auch an der vorzeitigen Entlassung des ungarischen Datenschutzbeauftragten, dessen Amtsperiode eigentlich bis September 2014 lief. Der Präsident der Behörde war im Zuge einer Neuorganisation der Behörde geschasst worden. Auch darin sieht die EU-Kommission einen Verstoß gegen EU-Recht.

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