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Die ungarische Polizei nimmt Flüchtlinge fest.

© dpa

Ungarn: Budapest nimmt keine Flüchtlinge mehr zurück

Ungarn hat die Rücknahme von Flüchtlingen für unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt. Die EU-Kommission verlangt eine "sofortige Klarstellung".

Ungarn hat ein wichtiges EU-Abkommen zur Aufnahme von Flüchtlingen einseitig ausgesetzt und damit Brüssel erbost. Die Rücknahme von Flüchtlingen auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung wurde am Dienstag für unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt, wie die Regierung in Budapest mitteilte. Die EU-Kommission verlangte von Ungarn eine "sofortige Klarstellung" dazu. Nach dem Dublin-Abkommen ist das Land für das Asylverfahren zuständig, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Boden betreten hat.

"Das Boot ist voll", sagte der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs der österreichischen Zeitung "Die Presse" und dem ungarischen Internetportal "Index". Die rechtskonservative Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban müsse "ungarische Interessen und die Bevölkerung schützen", erklärte er zur Begründung. Die Aufnahmezentren im Land seien überfüllt.

Nach den Äußerungen von Kovacs erklärte die ungarische Regierung, die Dublin-III-Regeln würden "auf unbestimmte Zeit" aus "technischen Grünen" ausgesetzt. Budapest will damit Flüchtlinge nun nicht mehr zurücknehmen, wenn sie nach ihrer Ankunft im Ungarn anschließend in andere EU-Staaten wie Deutschland, Österreich oder Tschechien weitergereist sind. Orbans Regierung hält Ungarn angesichts steigender Flüchtlingszahlen für überlastet und sieht sich nicht in der Lage, die Herausforderungen zu stemmen.

In der vergangenen Woche hatte Ungarn bereits angekündigt, einen vier Meter hohen Zaun entlang der Grenze zu Serbien errichten zu wollen. Die Regierung in Budapest begründete dies mit dem steigenden Zustrom von Flüchtlingen. Dabei handelt es sich vor allem um Syrer, Iraker und Afghanen, die aus dem Nicht-EU-Land Serbien nach Ungarn kommen. Während 2012 rund 2000 Flüchtlinge nach Ungarn kamen, waren es nach offiziellen Angaben zwischen dem 1. Januar und dem 22. Juni dieses Jahres bereits mehr als 60.000 Menschen. Die allermeisten Flüchtlinge kamen dabei über Serbien ins Land. Ungarn hat mit Serbien eine 175 Kilometer lange Grenze. Viele der Flüchtlinge wollen anschließend weiter nach Deutschland, Österreich oder in die nordeuropäischen Länder. Brüssel kritisierte die Ankündigung aus Ungarn. Die EU-Kommission habe die ungarischen Behörden kontaktiert und Gründe für das Aussetzen des Abkommens gefordert, erklärte eine Sprecherin. Die Dublin-Regeln sähen keine Suspendierung vor. Daher müsse Budapest die EU umgehend "über die Art und das Ausmaß" der genannten technischen Gründe informieren. Auch aus Österreich, das von der Entscheidung des Nachbarlandes besonders betroffen ist, kam Kritik. "Wer weiterhin ein Europa ohne Grenzen haben will, muss die Schengen-Regeln einhalten", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner der Nachrichtenagentur APA. "Das heißt natürlich auch an der Dublin-Regel festzuhalten."

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