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Wiktor Orban provoziert die EU immer wieder - diesmal mit Äußerungen über Flüchtlinge und die Todesstrafe.

© dpa

Ungarn: Orban will über Todesstrafe reden - und keine Flüchtlinge aufnehmen

Einige Länder wollen Einwanderung - Ungarn nicht. Das hat Regierungschef Orban bekräftigt. Außerdem lässt er bei einem seiner Lieblingsthemen nicht locker: der Einführung der Todesstrafe.

Im Streit über ein Quotensystem für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban seine Ablehnung bekräftigt. "Was die EU-Kommission vorschlägt, grenzt an Wahnsinn", sagte der rechtskonservative Politiker am Dienstag im Europaparlament in Straßburg. Dadurch würden lediglich neue Anreize für Schleuser geschaffen. Zugleich beharrte er darauf, in Ungarn eine Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe führen zu dürfen.

Die meisten Migranten seien Wirtschaftsflüchtlinge, die bessere Lebensbedingungen suchten, sagte Orban. "Wir können aber nicht allen Arbeit bieten." Es sei "irrsinnig" vorzuschlagen, alle Zuwanderer in der EU aufzunehmen. Ungarn fordere das Recht, seine Grenzen zu schützen. "Europa soll der Kontinent der Europäer bleiben, Ungarn das Land der Ungarn". Sein Land wolle nicht ein "Wunschziel für Migranten" werden. Der ungarische Regierungschef verteidigte auch seine Forderung nach einer Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Orbans Vorstoß hatte im April in der EU heftige Kritik hervorgerufen. "Wir entscheiden selbst, worüber wir sprechen dürfen", betonte Orban nun im Europaparlament. Die Todesstrafe dürfe "kein Tabuthema" sein. Zum Hinweis zahlreicher Abgeordneter, die EU verbiete in ihrer Grundrechtecharta die Todesstrafe, sagte Orban, Verträge würden von Menschen geschlossen, sie könnten auch von Menschen verändert werden. Die EU-Verträge seien kein "göttliches Recht".

Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) erklärte, es handele sich bei den EU-Verträgen in der Tat nicht um "göttliches Recht". Es gebe aber das göttliches Gebot "Du sollst nicht töten", fügte Schulz unter lautem Beifall der Abgeordneten hinzu. Der stellvertretende Vorsitzende der EU-Kommission, Frans Timmermans, betonte, die Grundrechtecharta der EU verbiete explizit die Todesstrafe, ebenso wie die Europäische Menschenrechtskonvention. Der Verzicht auf die Todesstrafe sei die Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der EU. Sollte die ungarische Regierung die Wiedereinführung dieser Strafe planen, werde die Kommission die Konsequenzen ziehen. "Wir werden keine Sekunde zögern."

Zwar sei im EU-Vertrag der Ausschluss eines Mitgliedslands nicht vorgesehen, räumte Timmermans ein. Gemäß Artikel 7 könnten aber Sanktionen verhängt werden. Demnach kann einem EU-Staat bei einer "schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung" der Werte der Europäischen Union das Stimmrecht im Ministerrat entzogen werden. Bisher wurde Artikel 7 noch nie angewendet.

Sprecher aller maßgeblichen Fraktionen übten harsche Kritik am Vorgehen Orbans. Die Abschaffung der Todesstrafe sei eine "zivilisatorische Leistung", betonte der Vorsitzende der Fraktion der konservativen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU). "Daran
halten wir fest", sagte er an die Adresse Orbans, dessen Partei Fidesz der EVP angehört. Die Debatte über dieses Thema sei "schädlich". Eine Wiedereinführung der Todesstrafe müsse "das Ende der Mitgliedschaft in der EU" bedeuten, forderte die Ko-Vorsitzende der Grünen, Rebecca Harms. AFP

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