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Ungarn: Stichwahl: Zweidrittelmehrheit für Rechte

Die Partei von Ex-Ministerpräsident Orban kommt nach der Stichwahl vom Sonntag auf über 260 Mandate. Das Volk erhofft sich von Viktor Orban, das Land aus der tiefen wirtschaftlichen Krise zu führen. Steuersenkungen sollen die Wirtschaft ankurbeln.

Viktor Orban triumphiert in Ungarn. Nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen hat seine rechts-konservative Partei Fidesz über zwei Drittel der Mandate im Parlament gewonnen. Nach Auszählung von 97,4 Prozent der abgegebenen Stimmen kommt der Fidesz auf 263 Sitze. Das teilte die Landeswahlkommission am Abend in Budapest mit. Die bisher regierenden Sozialisten kommen auf 59 Sitze, die rechtsextreme Partei Jobbik errang 47 Mandate und die neu gegründete grün-alternative LMP wird im neuen Parlament mit 16 Politikern vertreten sein. Außerdem errang noch ein von der Jobbik unterstützter unabhängiger Kandidat ein Mandat.

Bereits in der ersten Runde am 11. April hatte sich Orban mit 53 Prozent die absolute Mehrheit gesichert und löste mit seinem Erdrutschsieg die Sozialisten an der Regierung ab. Wegen vieler Skandale in ihrer achtjährigen Regierungszeit wurde die Partei von den Wählern dramatisch abgestraft und stürzte von 46 auf knapp 20 Prozent ab.

Das Volk erhofft sich von Viktor Orban, das Land aus der tiefen wirtschaftlichen Krise zu führen. Lange Jahre galt Ungarn als Musterland der Transformationsstaaten Osteuropas. Dann aber erlahmte das Reformtempo und die politischen Eliten verloren sich in lähmenden Machtkämpfen. Inzwischen leidet Ungarn unter einer hohen Arbeitslosigkeit, ist hoch verschuldet und konnte voriges Jahr nur durch einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds vor dem Staatsbankrott bewahrt werden.

Im Vorjahr war die Wirtschaft Ungarns mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern um 6,3 Prozent geschrumpft. Durch eine von der Interimsregierung unter Gordon Bajnai eingeleitete rigide Sparpolitik sank die Neuverschuldung 2009 auf 3,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Staatsverschuldung ist aber mit rund 80 Prozent des BIP die höchste in Mitteleuropa.

Der designierte Regierungschef Orban hat angekündigt, der rezessionsgebeutelten Wirtschaft des Landes durch Steuersenkungen neue Impulse geben zu wollen. Außerdem sagte der 46-Jährige der weit verbreiteten Korruption den Kampf an, versprach, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu fördern, will die Bürokratie drastisch reduzieren und Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen.

Kritiker warnen, dass der Fidesz mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament nach Belieben die Verfassung des Landes verändern kann. So will Orban das Parlament verkleinern, Ministerien zusammenlegen und die Immunität von Parlamentariern aufheben. Mit Spannung wird erwartet, ob der zukünftige Regierungschef das so genannte Statusgesetz wieder aus der Schublade zieht. Während seiner ersten Regierungszeit 1998 bis 2002 wollte er den Angehörigen der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern die ungarische Staatsbürgerschaft verleihen. Dieses Gesetz, das von den Sozialisten gekippt wurde, hatte Ungarn fast den EU-Beitritt gekostet.

Knut Krohn

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