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Politik: Ungestellte Fragen

Der Hamburger Justizsenator redet nicht über Vetternwirtschaft

Könnte ein homosexueller Hamburger Justizsenator sein Amt auch in Bayern bekleiden? Sandra Maischberger fragt es in ihrem ersten ARD-Talk, und Roger Kusch (CDU) antwortet: „Das müssen Sie Edmund Stoiber fragen. Er ist doch ein aufgeklärter, liberaler Mensch. Aber Bayern hat einen guten Justizminister, daher stellt sich die Frage zurzeit nicht.“ Es stellen sich viele Fragen nicht – die wichtigeren leider auch nicht. Maischberger streift den Vorwurf der Vetternwirtschaft zwischen Kusch (Mieter) und Bürgermeister Ole von Beust (Vermieter) nur, sie fragt nicht nach der „Wunder-Bar“ auf St. Pauli, die die Politiker vorinformiert kurz vor einer Razzia verlassen haben sollen, sie fragt nicht nach Kuschs Politik, dem Abbau von Spritzenautomaten für drogenkranke Gefangene, nach härteren Urteilen gegen Jugendliche, nach Massenabschiebungen und schwarzem Filz in der Justizbehörde.

Und so erfahren wir, dass Kusch erst mit 30 bemerkte, dass ihm eher gut aussehende Männer auffallen als Frauen, dass er am Tag des Schill-Rauswurfs mit dem Ende der Koalition rechnete, dass er nach dem Outing seine Mama nicht angerufen hat, dass Kusch eine „lange, platonische Beziehung“ zum Bürgermeister pflegt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kollege im Senat es hinnehmen würde, wenn er den Eindruck hätte, dass die Justizpolitik vom Bürgermeister bevorzugt bedient würde.“ Ob ihn das Prädikat „Frauentyp“ beleidige, fragt Sandra Maischberger auch. „Nein, nein“, sagt Roger Kusch: „Sie sitzen mir doch auch gegenüber. Und ich fühle mich wohl bei Ihnen.“

Günter Beling[Hamburg]

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