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Politik: Union fordert Debatte über Erstschläge

Schäuble: Wir müssen handeln, bevor Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden / Bundestag zum Nato-Treffen

Berlin/Warschau. Die Union fordert angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus eine Diskussion über präventive Erstschläge. „Mit dem Zweitschlag schützen Sie unsere Bevölkerung nicht mehr“, sagte der für Außen- und Sicherheitspolitik zuständige Vizefraktionschef Wolfgang Schäuble am Donnerstag in der Bundestagsdebatte über den Nato-Gipfel in Prag kommende Woche. Dort werden Debatten über die Konsequenzen erwartet, die sich aus den Anschlägen vom 11. September 2001 und der Irak-Krise ergeben. Man müsse handeln, bevor Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kämen, sagte Schäuble.

Von Robert von Rimscha

und Thomas Roser

Die Bundesregierung lasse „keine ernsthafte Bedrohungsdebatte“ zu. Angesichts der Kombination aus Massenvernichtungswaffen, Terrorismus und Raketen-Trägersystemen seien neue strategische Antworten nötig. Präventivschläge sind in der „Bush-Doktrin“ der US-Regierung vorgesehen. Auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, die Nato stehe vor einer „neuen Ära“ und müsse sich „an eine wandelnde Welt anpassen“. Prävention heiße aber, einen umfassenden Sicherheitsbegriff zu entwickeln. „Wir müssen weg von einer rein militärischen Reaktion auf Krisen“, sagte Fischer. Wer nur mit Waffen reagiere, der werde scheitern. Fischer räumte ein: „Unsere Landesgrenzen schützen uns nur sehr unzureichend vor asymmetrischen Bedrohungen.“

Beim Nato-Gipfel soll sieben Staaten die Mitgliedschaft angeboten werden. SPD, Union, Grüne und FDP begrüßten dies als historisch. Strittig sind die konkurrierenden Pläne für eine Krisenreaktionskraft. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD)sagte, er werde in Prag „keine Luftschlösser versprechen“. Für die von den USA vorgeschlagene „Response Force“ müsse der Parlamentsvorbehalt gelten. Der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer sagte, Rot-Grün scheue eine nötige Grundgesetzänderung „wie der Teufel das Weihwasser“. Präventive Militärschläge auszuschließen, sei eine „schöne europäische Illusion“. Nötig seien starke internationale Kontrollgremien wie die UN. Union und FDP rügten, die Regierung verschweige, wie sie die UN-Resolution gegen Irak umsetzen wolle, wenn Saddam Hussein sich nicht entwaffnen lässt.

In Prag wird mit Hochdruck und unter schärfsten Sicherheitsbedingungen der Gipfel vorbereitet. Die Polizei teilte mit, fünf nicht näher charakterisierte „Extremisten“ seinen verhaftet worden, weil sie planten, die Stromversorgung im Tagungszentrum und in der U-Bahn lahm zu legen. Weißrusslands autoritärer Staatschef Aleksander Lukaschenko drohte, er werde mit der EU nicht bei der Grenzüberwachung zusammenarbeiten, falls er kein Visum für Prag erhalte. „Europa wird noch angekrochen kommen und uns um Hilfe bei der Bekämpfung von Drogenhändlern und Schlepperbanden anflehen. Doch wir werden nicht helfen.“ Zuvor hatte die tschechische Regierung angedeutet, dass Lukaschenko kein Visum erhalten werde.

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