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Union und FDP: Zu hoch auf dem gelben Wagen

Einbinden oder nicht – die Union ist beunruhigt über Konkurrenz durch die FDP.

Berlin - Ob Forschungsgruppe Wahlen, Forsa oder Infratest – nahezu alle Umfragen sagen sieben Monate vor der Bundestagswahl einen schwarz-gelben Sieg am 27. September voraus. CDU und CSU kommen derzeit auf etwa 35 Prozent, die FDP liegt zwischen 13 und 18 Prozent – es würde also reichen. Die Gewichtung freilich schmeckt der einen Seite gar nicht: In der Union schielt man mit Neid und Entsetzen auf die guten Werte der Liberalen. Immerhin bedeutet das Verhältnis der Umfragewerte, dass im Fall des Falles auf zwei schwarze ein gelber Bundesminister käme. Im letzten Kabinett Kohl lautete das Verhältnis noch fast fünf zu eins.

Irgendwie scheint die Unionsspitze aber noch nicht zu wissen, wo sie ansetzen soll, um die Gewichtung bis September zu korrigieren. Da keilt etwa der führende CSU-Wirtschaftspolitiker Hans Michelbach gegen den eigenen Parteichef Horst Seehofer. Der habe den Fehler gemacht, der FDP in Bayern das Wirtschaftsministerium zu überlassen. Ein Einfallstor in die eigene Kernwählerschaft, meint Michelbach. Obwohl die FDP für den Mittelstand unkalkulierbar sei. Das findet zwar auch Peter Ramsauer, der die FDP „meilenweit“ vom bürgerlichen Wähler entfernt sieht. Das beste Mittel ist nach Ansicht des Chefs der Bundestags-CSU aber das Einbinden der FDP in die Regierungsverantwortung – das heißt Entgegenkommen.

Zu den Positionskämpfen innerhalb der Union darf man wohl auch die Düpierung des NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers bei der Neuordnung der Jobcenter zählen. Rüttgers, wegen Opel derzeit noch sozialpolitischer als sonst, hatte sich vorigen Freitag auf einen Kompromiss mit der SPD eingelassen, den drei Tage später der Vorstand der Unionsbundestagsfraktion ablehnte. Und zwar mit Argumenten, die auch die FDP vortrug.

Das Einbinden soll an diesem Freitag im Bundesrat geprobt werden. Nachdem die FDP signalisiert hatte, ihren Widerstand gegen das Konjunkturpaket II in der Länderkammer nicht bis zum Äußersten zu treiben, kam die Union ihr schnell entgegen – mit einem Entschließungsantrag, in dem FDP-Positionen in der Steuer- und Finanzpolitik als Wunschliste an die Bundesregierung formuliert werden. Mit den Stimmen der schwarz-gelben Länder NRW, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen plus den beiden CDU-Regierungen in Thüringen und im Saarland galt die Mehrheit dafür als sicher.

Umstritten bis zuletzt war, ob die im Konjunkturpaket geplanten Steuererleichterungen rückwirkend zum 1. Januar wirksam werden (das wollte die FDP) oder nicht (so Bayern und Baden-Württemberg). Einig war man sich, dass die „kalte Progression“ bei der Einkommensteuer abgemildert werden soll. Nicht zuletzt wird in der Entschließung ein Aufschnüren der Unternehmensteuerreform von 2007 verlangt, vor allem zugunsten mittelständischer Unternehmen, ob bei der Verlustverrechnung, den Abschreibungsregeln oder der Zinsbesteuerung. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erwartete, dass die Regierung schon jetzt „einen Schritt“ auf die FDP zugeht. Der Rest der Wunschliste kann in einem Koalitionsvertrag im Oktober verankert werden.

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