- Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Unionsfraktion eine schwere Niederlage erlitten: Bei der Wahl des Fraktionschefs unterlag der von ihr unterstützte langjährige Amtsinhaber Volker Kauder dem Herausforderer Ralph Brinkhaus (alle CDU).
- Der bisherige Stellvertreter Kauders erhielt bei der Abstimmung am Dienstag mit 52,7 Prozent der Stimmen die knappe Mehrheit.
- Angela Merkel räumte ihre Niederlage ein . Der neugewählte Fraktionschef Brinkhaus sagte kurz nach seiner Wahl, er freue sich "riesig" über seinen Erfolg.
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Merkel-Vertrauter Kauder abgewählt 13 Jahre war er Fraktionschef der Union und als solcher hat er Kanzlerin Angela Merkel den Rücken frei gehalten. Jetzt hat er gegen den politischen Nobody Ralph Brinkhaus verloren. 125 Stimmen fielen auf Brinkhaus 112 auf Kauder.
Ralph Brinkhaus hat in Interviews einen ersten Einblick gegeben, was er künftig anders machen möchte als sein Vorgänger Volker Kauder. Mehr dazu können Sie hier lesen. Mit diesem Beitrag beenden wir auch unseren Blog. Haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse!
Brinkhaus: Müssen wieder stärker in Dialog mit Menschen kommen Der neue Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) durch seine Wahl nicht als beschädigt an. "Ich habe den Willen, sie zu unterstützen, die Regierung stark zu machen", sagte Brinkhaus am Dienstag im ZDF-"heute journal". Die Fraktion habe auch den "ganz, ganz klaren Willen, mit der Kanzlerin weiter und sehr, sehr gut zusammenzuarbeiten"."Mittelfristig" sei sein Wahlsieg "eine Stärkung der Regierung und der Fraktion", sagte Brinkhaus und widersprach damit der Einschätzung, Kauders Sturz schwäche auch Merkel. Die Fraktion habe eine "demokratische Entscheidung" getroffen, sagte Brinkhaus. "Ich bin da auch mit Merkel ganz fein drüber, also insofern passt das schon." Zwischen ihn und die Kanzlerin passe kein Blatt Papier, seine Wahl sei daher "kein großes Drama". Forderungen aus der Opposition, Merkel müsse nun die Vertrauensfrage stellen, wies Brinkhaus als "Blödsinn" zurück.
Der neue Fraktionschef kündigte an, er wolle "offensiver" Themen besetzen als das bislang der Fall gewesen sei. "Das ganz große Thema, was wir haben, ist der Zusammenhalt in der Gesellschaft", sagte er. "Da ist in den letzten drei Jahren sehr, sehr viel kaputt gegangen. Dementsprechend müssen wir wieder in den Dialog kommen mit den Menschen, die wir als Protestwählerinnen und -wähler verloren haben."
Kramp-Karrenbauer gratuliert Brinkhaus und dankt Kauder CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Ralph Brinkhaus zu dessen Wahl zum Unionsfraktionschef gratuliert. „Ich bin mir sicher, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch mit Ralph Brinkhaus an der Spitze die Kraft im Deutschen Bundestag ist, die sich dem eigenen Gestaltungswillen und den Interessen unseres Landes verpflichtet weiß“, teilte Kramp-Karrenbauer am Dienstagabend mit. „Partei, Fraktion und Regierung arbeiten gemeinsam für gute Lösungen zu den Themen, die den Menschen in Deutschland am Herzen liegen.“ Sie dankte zugleich dem abgewählten Volker Kauder für dessen Arbeit und Verdienst.
Laschet sieht als große Aufgabe, CDU und CSU jetzt zusammenzuhalten Aus Sicht von CDU-Bundesvize Armin Laschet muss sich Ralph Brinkhaus nun vor allem um den Zusammenhalt von CDU und CSU kümmern. „Wichtig wird sein, CDU und CSU zusammenzuhalten in schwierigen Zeiten“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident in Düsseldorf. Laschet hatte sich vor Brinkhaus' Wahl für Kauder stark gemacht, obwohl Brinkhaus aus Nordrhein-Westfalen kommt.Laschet hatte Ende August erklärt: „Es gibt keine Notwendigkeit, Kauder abzulösen.“ Der Westfale Brinkhaus habe weder mit ihm, noch mit dem CDU-Landesverband oder mit der Landesgruppe im Bundestag über seine Pläne gesprochen. Dieser habe sich selbst ins Gespräch gebracht.
Nach der Wahl sagte Laschet, Brinkhaus sei über die Bundestagsfraktion hinaus „als kluger Kopf für pragmatische Politik geschätzt“. Der NRW-CDU-Chef fügte hinzu: „Er wird den Berliner Betrieb wieder auf die politische Arbeit für die Menschen in unserem Land fokussieren - und kann dabei auf die volle Unterstützung seines Heimatverbands setzen.“ Laschet dankte außerdem dem abgelösten Kauder: „Er hat sich in den 13 Jahren seines Vorsitzes große Verdienste erworben - für Deutschland, für die Union und auch für Nordrhein-Westfalen.“
Rebellen sehen anders aus Wer ist eigentlich dieser Herr Brinkhaus, wegen dem jetzt die Union Kopf steht und einige die Kanzlerinnendämmerung ausrufen? Antje Sirleschtov stellt ihn kurz vor.
Tagesspiegel | Antje Sirleschtov
Christian Lindner empfiehlt die Vertrauensfrage Nach der Abwahl von Volker Kauder hat FDP-Chef Christian Lindner Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Dass "gegen den ausdrücklichen Willen" Merkels ihr Vertrauter Kauder nicht gewählt worden sei, zeige, dass die Kanzlerin sich der Unterstützung "ihrer eigenen Fraktion nicht mehr vollständig sicher sein kann", so Lindner. "Deshalb empfehle ich Frau Merkel, die Vertrauensfrage zu stellen", fügte er hinzu. "Dadurch kann sie entweder die Stabilität wiederherstellen oder die Führung an andere abgeben."
Dobrindt sieht "gleiche politische Überzeugungen" mit Brinkhaus CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht große Übereinstimmungen mit dem neuen Vorsitzenden der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus. „Wir wissen, dass wir an vielen Stellen gleiche politische Überzeugungen haben, gleiche Ideen formulieren können“, sagte Dobrindt. Das Motto müsse nun lauten: „Nach vorne schauen, gemeinsam gut zusammenarbeiten und auch neuen Schwung aufnehmen“. Der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg sagte, er könne sich vorstellen, „dass viele jüngere und auch viele neue Abgeordnete eher Ralph Brinkhaus gewählt haben“.
Brinkhaus: "Die Fraktion steht ganz fest hinter Angela Merkel" Der neue Unions-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus setzt auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Angela Merkel", sagte er nach seiner überraschenden Wahl am Dienstag in Berlin. "Da passt zwischen uns kein Blatt Papier. Das wird eine enge, vertrauensvolle Kooperation", betonte Brinkhaus mit Blick auf die Kanzlerin und CDU-Chefin. Ihm sei es sehr, sehr wichtig, dass die große Koalition fortgeführt und der Koalitionsvertrag abgearbeitet werde. Er betonte: "Eins ist klar: Die Fraktion steht ganz fest hinter Angela Merkel."
Günther sieht Wahl Brinkhaus`als "Ventil für Unzufriedenheit" Der schleswig-holsteinische Ministerpräsidenten Daniel Günther interpretiert die Entscheidung für Brinkhaus als ein Ventil für Unzufriedenheit. „Aber ich gratuliere Ralph Brinkhaus herzlich zu seiner Wahl und freue mich auf die Zusammenarbeit“, sagte der CDU-Politiker in Kiel. Die Entscheidung zeige sehr deutlich, dass die Unionsfraktion eine Erneuerung gewollt habe. „Man braucht eben auch ein Ventil, um auch, glaube ich, eine gewisse Unzufriedenheit insbesondere auch über die letzten Wochen in Berlin insgesamt zum Ausdruck zu bringen.“ Dies spiegele das Ergebnis wider.Günther verneinte, dass die Entscheidung nun eine Merkel-Dämmerung bedeute. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zwar gesagt, dass Kauder ihr Kandidat sei, aber auch, dass sie mit Brinkhaus zusammenarbeiten könne. Das könne auch in dieser Konstellation funktionieren.
Mohring sieht "Wille zur Veränderung in der Union" Der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring sieht im Wechsel an der Spitze der Unionsfraktion einen Willen zur Veränderung. Diese sei „bis weit in die Basis von CDU und CSU hinein“ spürbar, erklärte Mohring in Erfurt.
„Es sind die Fraktionen, die eine Regierung wählen und tragen“, hieß es in der Mitteilung. Mohring ist Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz und Mitglied im Bundesvorstand der CDU.
Vorsitzender der Werteunion greift Merkel an Der konservative Unionsflügel sieht Angela Merkel durch die Niederlage von Volker Kauder massiv geschwächt. "Mit dem heutigen Tag hat die Merkel-Dämmerung unwiderruflich begonnen", erklärte der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch. Der Sieg des bisherigen Fraktionsvizes Ralph Brinkhaus gegen den von Merkel unterstützten Amtsinhaber Kauder zeige, "wie groß sogar in der bisher sehr folgsamen Fraktion der Wunsch nach einem inhaltlichen und personellen Neuanfang an der Spitze ist."Für Mitsch ist das Ergebnis "ein klares Votum in Richtung der Parteivorsitzenden und Kanzlerin, den bisherigen Kurs, besonders in der Asylpolitik, endlich zu ändern". Für die Union eröffne "dieser erste Dominostein die Chance, zukünftig mit einem wieder klaren christdemokratischen Profil zu alter Stärke aufzulaufen".
Sigmar Gabriel: Keine Regierungskrise Der frühere SPD-Chef und ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel warnte im Tagesspiegel davor, die Entscheidung der Unionsfraktion zur Regierungskrise "hoch zu stilisieren": „Das war eine demokratische Entscheidung der CDU/CSU Bundestagsfraktion. Nicht mehr und nicht weniger. So etwas gibt es in demokratischen Parteien. Ich halte nichts davon, das jetzt auch noch zur Regierungskrise hoch zu stilisieren. Denn Deutschland braucht eine eine handlungsfähige Regierung. Nicht nur wegen der Menschen hier im Land, sondern weil an uns die Stabilität ganz Europas hängt. Die Zeiten sind international zu brisant und zu gefährlich. Gerade deshalb wird Angela Merkel noch gebraucht. Aber die Bundesregierung muss jetzt mit der Selbstbeschäftigung Schluss machen und eben einen neuen Start schaffen. Mit einer Politik, die die Menschen in Deutschland in den Mittelpunkt stellt und nicht die parteipolitischen Egoismen.“
Seehofer: "Wir müssen jetzt mit den Abgeordneten reden" CSU-Chef Horst Seehofer hat sich von der Wahl von Ralph Brinkhaus zum neuen Vorsitzenden der Unionsfraktion überrascht gezeigt. Seehofer sagte nach der Abstimmung, das Ergebnis sei nun zu respektieren. Er hatte vor der Wahl der Unionsabgeordneten für Kauder geworben, ebenso wie Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auf die Frage, ob er die Situation in der Fraktion falsch eingeschätzt habe, sagte Seehofer, man müsse jetzt mit den Abgeordneten reden. Der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach argumentierte, die Mehrheit der Fraktionsmitglieder habe sich dafür entschieden, einen „neuen Aufbruch“ zu wagen, wie ihn Brinkhaus versprochen habe. Es habe sich aber hier nicht um eine Kanzlerwahl gehandelt, sagte er auf die Frage, ob das Ergebnis als Misstrauensvotum für Merkel zu werten sei. Allerdings sei mit einer neuen Haltung der Fraktion gegenüber dem Kanzleramt zu rechnen.
Merkel: "Das ist eine Stunde der Demokratie" Angela Merkel hat ihre Niederlage eingestanden. "Das ist eine Stunde der Demokratie, in der gibt es Niederlagen und da gibt es auch nichts zu beschönigen", sagt Merkel in einem kurzen Statement. Sie habe Kauder unterstützt, weil dieser sehr gute Arbeit geleistet habe und sie 13 Jahre sehr gut mit ihm zusammengearbeitet habe.
Misstrauensvotum gegen Merkel und die gesamte Unionsspitze Vor der Wahl hatte sich die komplette Führung der Union hinter Kauder gestellt. Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten sich im Vorfeld der Wahl klar für Kauder ausgesprochen. Insofern ist die Niederlage Kauders vor allem eine Niederlage für Merkel.
Brinkhaus: "Ich freue mich riesig" Ralph Brinkhaus sagt nach seiner überraschenden Wahl: "Ich freue mich riesig und jetzt gilt es wieder an die Arbeit zu gehen."
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