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Politik: Unis drohen: Keine neuen Studenten

Berliner Hochschulen planen Zulassungsstopp / In der Nachkriegszeit einmaliger Protest gegen Sparpläne

Berlin. Mit drastischen Drohungen wollen die drei großen Berliner Hochschulen die Sparpläne von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) aufhalten. Die Präsidenten der Freien Universität, der Technischen Universität und der Humboldt-Universität kündigten am Mittwoch an, nahezu keine neue Studenten mehr zuzulassen. Auch wollen sie keine neuen Mitarbeiter mehr einstellen. Damit protestieren sie gegen die Andeutung des Senators, von 2006 an den Zuschuss zu den Universitäten um weitere 200 Millionen Euro jährlich zu senken. Auch drohen die Präsidenten, die Verhandlungen über die Hochschulverträge 2006 bis 2009 abzubrechen.

Von Uwe Schlicht

und Lars von Törne

Sollten die Präsidenten der Universitäten ihre Drohungen wahrmachen, wäre dies in der Nachkriegsgeschichte Berlins ohne Beispiel. Am weitesten geht die Humboldt-Universität (HU). Deren Akademischer Senat beschloss, vom kommenden Wintersemester an keine neuen Studenten mehr zuzulassen. HU-Präsident Jürgen Mlynek begründete dies damit, dass die Universität angesichts der ihr bevorstehenden drastischen Einsparungen nicht mehr die Verantwortung dafür übernehmen könne, nach ihren Qualitätsanforderungen zusätzliche Studenten in den nächsten fünf bis sechs Jahren auszubilden. Die Akademischen Senate der Technischen Universität (TU) und der Freien Universität (FU) beschlossen eine Zulassungsbeschränkung (Numerus clausus) für alle Fächer.

FU-Präsident Peter Gaehtgens verwies auf die gravierenden Folgen des Numerus clausus vor allem für die Berliner Landeskinder. Die Auswahl erfolge als Bestenauslese nach dem Abiturdurchschnitt und der Wartezeit. Schon heute werde in NC-Fächern ein Notendurchschnitt von 2,2 erwartet. Berlins Abiturnotendurchschnitt liege jedoch nur bei 2,7. Auch drohte er damit, dass die Sparsumme für die FU unter anderem „das Ende des Botanischen Gartens“ bedeute. Die Summe zwischen 200 und 300 Millionen Euro war von Thilo Sarrazin immer wieder als angestrebte „Größenordnung“ genannt worden.

Unterstützung erhielten die Hochschulpräsidenten von den Berliner Oppositionsparteien, aber auch von Wissenschaftssenator Thomas Flierl sowie von seiner Partei, der PDS. Deren wissenschaftspolitischer Sprecher Benjamin Hoff bezeichnete Sarrazins Überlegungen im Gespräch mit dem Tagesspiegel als „aberwitzig“. Er erwarte, dass der Senator das Einsparziel revidiere. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) bezeichnete die Zahlen aus Sarrazins Verwaltung als „Spekulationen und finanzbürokratische Planspiele“, die „weder realistisch noch politisch beabsichtigt“ seien. Bislang gebe es keinerlei politische Beschlüsse des Senats, die das Vorgehen der drei Hochschulpräsidenten rechtfertigten. Der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD, Christian Gaebler, bezeichnete die Ankündigung der Universitäten als „hilflose Drohgebärde“ und „Stimmungsmache“. Rechtlich sei es den Universitäten gar nicht erlaubt, einen Zulassungsstopp zu verhängen. Und bei der Festlegung der Zulassungskapazitäten in Numerus-clausus-Fächern hat der Wissenschaftssenator das letzte Wort.

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