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Ziellos. Afghanische Polizeibeamte zeigen in Kabul einem abgeschobenen Rückkehrer den Weg.

© Omar Sobhani/Reuters

Unklare Sicherheitslage: Regierung will weiter nach Afghanistan abschieben

SPD und CDU/CSU verteidigen die erste Sammelabschiebung nach Afghanistan. Die Union will auch weitere Afghanen zurückschicken. Die Grünen halten das Land für nicht sicher.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Nach der umstrittenen Abschiebung von 34 abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan in der Nacht zum Donnerstag hat sich der Bundestag gegen einen grundsätzlichen Abschiebestopp für Flüchtlinge vom Hindukusch ausgesprochen. Entsprechende Anträge von Grünen und Linken scheiterten am Freitag am Widerstand von Union und SPD. Die Sozialdemokraten sehen weitere Rückführungen aber skeptisch. Vor der Debatte im Plenum hatte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Eva Högl, bei Rückführungen eine genaue Einzelfallprüfung gefordert. „Abschiebungen nach Afghanistan sind hoch problematisch“, sagte sie im Deutschlandfunk. Dies sähen auch „weite Teile der SPD-Bundestagsfraktion“ so. In Teilen Afghanistans toben Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Taliban-Rebellen, daher sind Abschiebungen umstritten. Die Bundesregierung hält aber einige Gebiete für hinreichend sicher.

Thomas de Maizière und Hannelore Kraft verteidigen die Abschiebungen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will an den Abschiebungen festhalten. Schon Anfang kommenden Jahres wird mit der nächsten Abschiebung gerechnet. De Maizières Sprecher sagte am Freitag, unter den Abgeschobenen seien zwei Sexualstraftäter. Weitere Verbrechen waren demnach Raub, Diebstahl, Bedrohung sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und in einem Fall Totschlag. Auch die Regierungschefin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD), verteidigte die Aktion. Über die Hälfte der aus NRW abgeschobenen Afghanen seien Straftäter gewesen. Und Straftäter abzuschieben halte sie auch für richtig, sagte sie.

Die Bundesregierung stufte Ende September gut 12.500 Afghanen als ausreisepflichtig ein. Die Rückführungen seien „überhaupt kein Skandal“, sagte der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) bei der Debatte im Bundestag. Der Skandal liege vielmehr darin, dass einige Bundesländer bei der „konsequenten Durchführung des Asyl- und Flüchtlingsrechts“ nicht mitzögen.

Die Grünen halten Afghanistan für nicht sicher

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger, fordert hingegen einen Stopp von Abschiebungen. „Es ist unmenschlich und humanitär verantwortungslos, Menschen in ein Kriegsgebiet abzuschieben“, sagte sie. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte in einem Interview: „Der Bundestag beschließt die Verlängerung des Bundeswehrmandats in Afghanistan, Regierungsmitglieder reisen in Schutzwesten durch Afghanistan, die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch – und Innenminister de Maizière will mit der Sammelabschiebung ein Zeichen setzen, dass er durchgreift.“ Er offenbare damit, „wie viel Angst er vor AfD und Co. hat“.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) verteidigte die Abschiebungen. Dem Tagesspiegel sagte Altmaier, man habe „immer deutlich gemacht, dass diejenigen, die weder nach dem Grundgesetz noch nach der Genfer Flüchtlingskonvention ein Bleiberecht haben, dann Deutschland auch wieder verlassen müssen – im Wege der freiwilligen Rückkehr oder auch der Rückführung“.

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