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Politik: Unklarheit bei der Bundestags-Abstimmung

Die Opposition triumphiert - und wird von der Regierung als unverantwortlich und niveaulos bezeichnetAndreas Hoffmann Das Verfahren zur Gesundheitsreform wird möglicherweise noch einmal neu aufgerollt. Das fordern Union und FDP, nachdem eine weitere Panne bei der Abstimmung zu dem Gesetz bekannt geworden ist.

Die Opposition triumphiert - und wird von der Regierung als unverantwortlich und niveaulos bezeichnetAndreas Hoffmann

Das Verfahren zur Gesundheitsreform wird möglicherweise noch einmal neu aufgerollt. Das fordern Union und FDP, nachdem eine weitere Panne bei der Abstimmung zu dem Gesetz bekannt geworden ist. Wie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Jörg van Essen, in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Brief an den Bundestags-Präsidenten Wolfgang Thierse schreibt, sei es "unabdingbar, dass die Abgeordneten absolute Klarheit darüber haben, über was im einzelnen abgestimmt" worden sei. Deshalb sollte der zuständige Gesundheitsausschuß "eine textkritische Durchsicht der Entscheidungsgrundlage" vornehmen und "das Plenum diese überarbeitete Fassung in zweiter und dritter Lesung erneut verabschieden".

Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" hatte einen neuen Fehler bei der Gesundheitsreform entdeckt. Danach fehlten in der Gesetzesvorlage, über die der Bundestag am 4. November abgestimmt hatte, 24 Textseiten. Sie enthalten unter anderem die geplante Milliardenhilfen für die überschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) im Osten. Bereits bei der Abstimmung im Bundestag am 4. November hatte die Opposition Fehler in der Vorlage entdeckt. Damals fehlten Passagen, wie etwa zum Wettbewerb der Kassen, die der Gesundheitsausschuss des Bundestag nicht beschlossen hatte.

Wie die Pressestelle des Bundestages am Donnerstag mitteilte, handelte es sich bei der neuen Panne um einen Fehler in der Verwaltung und der beauftragten Druckerei. Gesundheitsministerium und Gesundheitsausschuß treffe keine Schuld. Nach Informationen des Tagesspiegels ist die zuständige Druckerei in der vergangenen Legislaturperiode privatisiert worden, zuvor war sie Teil der Bundestagsverwaltung.

Kompliziert wird die Sachlage dadurch, dass die Gesetzesvorlage bereits im Bundesrat behandelt worden ist. Überraschend hatte der Gesundheitsausschuss der Länderkammer vergangene Woche der Gesundheitsreform zugestimmt - obwohl die rotgrüne Koalition im Bundesrat auf die Stimmen der Opposition angewiesen ist. FDP und CDU lehnen aber die Reform der Koalition ab. Die in der Länderkammer behandelt Vorlage enthielt - anders als die Bundestagsvorlage - den kompletten Text, also einschließlich der Hilfe für die Ostkassen. Dieses Verfahren sei in "hohem Maße erklärungsbedürftig", sagte van Essen. Nach Ansicht von Beobachtern erhält die Länderkammer jetzt vermutlich eine neue Vorlage, in der die Hilfe für die Ostkassen nicht enthalten ist. Das hätte allerdings Folgen: Bislang wollte Gesundheitsministerin Fischer die unionsregierten Ostländer für ihre Reform gewinnen, indem sie sie mit der Milliardenhilfe lockt. Dieser Köder würde jetzt wegfallen.

Offen ist jetzt der weitere Fortgang der Reform. Während Union und Liberale auf eine erneute Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag drängen, lehnt das Gesundheitsministerium den Vorstoß ab. "Das Vorgehen der Opposition ist unverantwortlich und niveaulos", sagte der Staatssekretär im Gesundheitsministerium Erwin Jordan dem Tagesspiegel. Dagegen kritisierte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer, die Ministerin. Die Panne reihe sich in eine lange "Kette von Schlampereien, Unzulänglichkeiten und Schnellschüssen".

Andreas Hoffmann

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