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Politik: Unmögliche Einladung

Israel schlägt Syriens Präsident Assad einen Besuch in Jerusalem vor. Doch Damaskus lehnt ab

Es klingt spektakulär: Israel hat Syriens Präsidenten Baschar al Assad nach Jerusalem zu Friedensgesprächen eingeladen. Und Damaskus wies die Einladung sofort zurück. Israel scheint also die Hand auszustrecken, die Syrien nicht ergreifen will. Man kann es auch anders interpretieren: Israel torpediert den Versuch, das vor vier Jahren abgebrochene Gespräch zwischen zwei Staaten, die sich noch im Kriegszustand befinden, wieder aufzunehmen. Denn ein Besuch Assads in Jerusalem würde in syrischen Augen als Anerkennung Israels und Jerusalems als dessen Hauptstadt bewertet. Im Gegenzug würden Syrien jedoch nur Gespräche über die Rückgabe des von Israel besetzten Golan geboten, deren Ausgang ungewiss ist.

Aus syrischer Perspektive ist es nicht überraschend, dass Ministerin Buthaina Schaaban, eine enge Vertraute Assads und langjährige Sprecherin des Außenministeriums, die Einladung zurückwies: „Es geht hier nicht um Besuch oder Nicht-Besuch", sagte sie der BBC. Wenn Israel wirklich an Friedensgesprächen interessiert sei, müssten Verhandlungen auf Grundlage der UN-Resolutionen und der Ergebnisse früherer Verhandlungen begonnen werden. Syrien fordert die Rückgabe der 1967 von Israel annektierten Golanhöhen. Im Jahr 2000 platzten Verhandlungen, weil Israel das Ostufer des Sees Genezareth behalten will. Der Seezugang ist von großer Bedeutung, er ist eines der größten Wasserreservoirs der Region.

Schaaban wirft Israel zudem vor, mit der spektakulären Einladung die „Aufmerksamkeit der Welt" davon abzulenken, dass es sich mit dem Bau einer „Apartheitsmauer" und der Akzeptanz der Road-Map nur unter bestimmten Bedingungen wenig friedfertig verhalte. Auch wenn Präsident Assad Jerusalem in absehbarer Zeit meiden wird, deuten die Vorgänge an, dass möglicherweise etwas in Bewegung gekommen ist. Präsident Assad, der unter starkem amerikanischem Druck steht, hatte im Dezember in einem Interview seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit Israel erklärt. Die USA kritisieren vor allem Syriens Besatzung in Libanon und die Unterstützung der Hisbollah in Südlibanon sowie radikaler palästinensischer Gruppen.

Doch auch Israel steht unter Zugzwang. Zwar haben sich die USA wegen des Präsidentschaftswahlkampfes gänzlich aus dem Nahostkonflikt zurückgezogen; doch Premier Ariel Scharon kann es sich nicht leisten, auf ganzer Linie als Verweigerer dazustehen. Die Kritik am Bau der Mauer quer durch palästinensisches Land wird weltweit immer stärker. Mit der spektakulären Einladung an Assad hat Israel auf das syrische Gesprächsangebot reagiert. Die Ablehnung kommentierte Präsident Mosche Katzav spitz: Assad sei eben nicht „aus demselben Holz geschnitzt, wie der (ermordete) ägyptische Präsident Anwar el Sadat“. Sadat hatte Israel 1977 einen symbolischen Besuch abgestattet. Zwei Jahre später schlossen beide Länder ein Friedensabkommen. Allerdings wird man in Israel gewusst haben, dass Assad sich darauf nicht einlassen kann. Sofern auf beiden Seiten echtes Interesse besteht, kommen vielleicht wenigstens Geheimverhandlungen in Gang.

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