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Es knirscht in der Koalition: Die Konflikte zwischen FDP und Union treten immer offener zutage. Doch man will sich zusammenraufen und Arbeitsfähigkeit beweisen.

© dpa

Unmut wächst: Koalition will arbeiten – und streitet doch

Trotz Appellen zur Geschlossenheit ist die Stimmung in der schwarz-gelben Koalition noch immer angespannt. Mit einem kleinen Kniff soll verhindert werden, dass es beim Spitzentreffen am Sonntag erneut zum offenen Streit kommt.

Von
  • Antje Sirleschtov
  • Robert Birnbaum

Nach tagelanger Katerstimmung wegen der Bundespräsidenten-Nachfolge wollten die Spitzen von Union und FDP bei einem Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntagabend eigentlich Geschlossenheit demonstrieren. Dazu sollten nach Angaben aus Parteikreisen strittige Themen bewusst ausgespart werden. Doch bereits am Tag vor dem Gipfel zeigte sich CSU-Chef Horst Seehofer angriffslustig. Er werde sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Philipp Rösler „massiv“ für Korrekturen an der geplanten Kürzung der Solarförderung einsetzen, kündigte Seehofer auf einem kleinen Parteitag der CSU in Nürnberg an.

Auch Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) warnte die Bundesregierung vor einem „abrupten“ Abbau der Förderung. Wenn im Saarland große geplante Investitionen unmöglich würden, „werden wir dagegenhalten“, sagte sie im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag.

Zum Zustand der Koalition sagte Kramp-Karrenbauer: „Im Moment herrscht sicherlich ein etwas distanziertes Klima.“ Wenn manche nun aber von „Rachegelüsten“ redeten, könne sie nur sagen: „Das sind Kategorien, in denen insbesondere die Kanzlerin nicht denkt.“ CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte im SWR zwar, sie habe nicht den Eindruck, dass es „nachhaltig irgendwelche Störungen“ gebe. Allerdings sei die FDP in einer „wirklich schwierigen Lage“ und aufgrund der Entwicklung der vergangenen Jahre nun auf Profilsuche.

In der Union hatte es zuletzt massive Verärgerung über den Koalitionspartner FDP gegeben. Die Liberalen hatten vor zwei Wochen mit ihrer überraschenden Entscheidung für Joachim Gauck als Bundespräsidenten-Kandidat die Bundeskanzlerin brüskiert. Dass sich FDP-Chef Rösler anschließend auch noch mit seinem Erfolg brüstete, vergrößerte den Unmut. Aus den Reihen der Union hatte es deshalb einzelne Forderungen gegeben, den Umgang in der Koalition im Koalitionsausschuss zu thematisieren.

Doch das Verhalten der FDP soll nun ebenso wenig eine Rolle spielen wie die verpasste Kanzlermehrheit bei der Abstimmung über die Griechenland-Hilfen Anfang der Woche. Seehofer sagte, der Koalitionsgipfel werde „ganz locker und entspannt“ verlaufen. Mit dem ersten Treffen der Koalitionsspitzen nach viermonatiger Pause solle die Arbeitsfähigkeit des Regierungsbündnisses bewiesen werden, hieß es in Koalitionskreisen. Umstrittene Themen wie der Mindestlohn, die Pflegevorsorge oder die Vorratsdatenspeicherung wurden gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Dennoch sprach sich Kramp-Karrenbauer für die Einführung eines Mindestlohns bis zur Bundestagswahl 2013 aus. „Ich wünsche mir sehr, dass in dieser Legislaturperiode ein Tarifmindestlohn umgesetzt wird“, sagte die CDU-Politikerin.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann kritisierte, der Koalitionsausschuss konzentriere sich auf „Wohlfühlthemen“. Damit solle verdeckt werden, dass der Vorrat an Gemeinsamkeiten in dieser Koalition lange aufgebraucht sei.

Bei dem Treffen wollen Union und FDP über einen „TÜV“ zur Bewertung von Finanzmarktprodukten beraten. Außerdem stehen rechtspolitische Themen auf der Agenda: So will die Koalition ledigen Vätern erleichtern, das Sorgerecht für ihre Kinder zu bekommen. Weitere Themen sind ein „Warnschussarrest“ für jugendliche Gewalttäter sowie die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung, von der sich einige in der Koalition auch eine bessere Handhabe gegen hohe Benzinpreise erhoffen.

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