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Für die Menschen in Bangladesch gehören Unruhen inzwischen zum Alltag. Schon seit Februar protestieren Islamisten gewaltsam gegen Haft- und Todesstrafen für ihre Führer.

© AFP

Unruhen in Bangladesch: Islamisten protestieren gegen Todesurteil für hochrangigen Führer

Abdul Quader Molla soll sterben, sagt das Oberste Gericht Bangladeschs. Die Anhänger des Islamisten antworten mit Unruhen. Es geht auch um den Konflikt mit den Säkularen

Nach dem Todesurteil gegen einen führenden islamistischen Oppositionspolitiker wird Bangladesch von gewaltsamen Ausschreitungen seiner Anhänger erschüttert. Im südlichen Verwaltungsbezirk Noakhali töteten Steinewerfer einen Rikschafahrer, wie die dortige Polizei mitteilte. Die Islamisten der Jamaat-e-Islami-Partei hatten nach dem Urteil gegen Abdul Quader Molla am Dienstag zu Protesten und Streiks aufgerufen.

Im nordwestlichen Rajshahi feuerte die Polizei Gummigeschosse ab und setzte Tränengas ein, um Steine werfende Jamaat-Anhänger auseinanderzutreiben.. In der Hauptstadt Dhaka und im südwestlichen Khulna warfen die Demonstranten nach Angaben des Fernsesenders Channel 24 kleine selbstgebaute Sprengsätze auf die Polizisten. In Dhaka blieben Büros und Schulen geschlossen, das belebte Geschäftsviertel war weitgehend menschenleer. Nach Angaben der BBC sollten Sondereinheiten des Grenzschutzes Recht und Ordnung verteidigen.

Molla war am Dienstag vom Obersten Gericht des Landes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan im Jahr 1971 zum Tode verurteilt worden. Er wird für eine Reihe von Massakern in einem Staddteil von Dhaka verantwortlich gemacht, die ihm den Spitznamen „Schlachter von Mirpur“ eingetragen haben. Mit seinem Schuldspruch lehnte das Gericht seinen Berufungsantrag Mollas ab und verschärfte auch auf Wunsch der Regierung eine zuvor verhängte lebenslange Haftstrafe gegen den 65-Jährigen.

Diese hatte ein umstrittenes Sondertribunal im Februar in erster Instanz verhängt. Das so genannte Internationale Strafgericht für Bangladesch steht nicht unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. Die Regierung hatte das Tribunal 2010 eingerichtet, um Kollaborateure im Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan abzuurteilen. Menschenrechtler kritisieren, das Gericht gehe vor allem gegen Oppositionelle vor. Seit dem Schuldspruch gegen Molla im Februar wurden bei Zusammenstößen zwischen Islamisten, Säkularen und Sicherheitskräften mehr als 100 Menschen getötet.

Auch künftig dürfte Bangladesch nicht zur Ruhe kommen. Denn Molla war nur der erste einer Reihe islamistischer Führer, die vor dem obersten Gericht des Landes gegen Schuldsprüche des Tribunals wegen Kollaboration mit Pakistan klagen. In den nächsten Wochen wird auch der frühere Führer der Partei Jamaat-e-Islami vor Gericht erwartet. Der inzwischen 90 Jahre alte Ghulam Azam kämpft gegen eine Haftstrafe von genau 90 Jahren. Und auch um die Zahl der Toten im Unabhängigkeitskrieg wird weiter gestritten: 300 000 Tote zählen Historiker, 3 000 000 Millionen die Regierung. Fest steht: Indische Truppen schlugen die pakistanische Armee im Dezember 1971. Sie waren die Geburtshelfer einer bis heute gespaltenen Nation.

Jonas Krumbein

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