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Johannesburg

© dpa

Unruhen in Johannesburg: Tödliche Jagd auf Einwanderer

Zwei Jahre vor der Weltmeisterschaft zeigt Gastgeber Südafrika ein anderes, düsteres Bild: Getrieben von Fremdenhass machen marodierende Banden in Johannesburg mit unfassbarer Gewalt Jagd auf Einwanderer aus den Nachbarländern. Schon gibt es Befürchtungen, die Unruhen könnten auch andere Landesteile erfassen.

Betrunken, hasserfüllt und gewaltbereit durchsuchen Banden mit Macheten, Knüppeln, Messern, Pistolen und selbst Kalaschnikows Townships und Hochhäuser auf der Suche nach Zuwanderern. In Südafrikas Wirtschaftszentrum Johannesburg lodern die "Flammen des Hasses" - so die Zeitung "The Star". Pogrom-Stimmung macht sich breit und greift immer schneller, immer systematischer und immer brutaler um sich.

"Wie Guerilla-Kämpfer griff der Mob Ausländer an, verschwand wieder, gruppierte sich neu und griff wieder an", schrieb die Zeitung "The Star", die das Foto eines zu Tode brennenden Opfers auf die Titelseite setzte. Blutbefleckte Betonpfeiler, mit denen das Opfer zuvor geschlagen worden war, lagen daneben. Die Medien des Kap-Staates sprechen bereits von "totaler Anarchie" und regelrechten "Kriegszonen".

Eric, ein im Stadtzentrum wohnender junger Simbabwer, spricht von "Zulu-Horden", die hinter den Attacken stecken. Die Regierung dagegen vermutet "kriminelle Elemente", die den Fremdenhass für Plünderungen und Vergewaltigungen ausnutzten, und ordnete eine Untersuchung an. Doch Taxifahrer erklären Besuchern bereitwillig, dass es eine Art Selbstschutz sei, Ausländer aus dem Land zu jagen: "Sie stehlen, sie sind kriminell, sie nehmen uns Arbeit und Frauen weg und sie würden uns töten, wenn wir ihnen nicht zuvorkämen."

Tausende suchen Schutz

Tausende Ausländer sind bereits vertrieben oder drängen sich in Kirchen, Gemeindesälen und Polizeiwachen; andere sind verängstigt untergetaucht oder planen ihre eigene Verteidigung, da die Polizei kaum noch mit den Exzessen fertig wird. Schon sind erste Fälle bekannt, wo sich Opfer zur Wehr setzten und unter den Augen der Polizei Feuergefechte mit den Angreifern liefern. Auch Fiona, eine aus Simbabwe stammende Kellnerin, erklärt mit entschlossener Stimme: "Ich werde mir noch heute eine Waffe besorgen." Doch selbst Südafrikaner aus ärmeren Landesteilen sind nicht gefeit vor dem Hass. Selina, eine aus der südafrikanischen Limpopo- Provinz stammende Putzfrau mit Wohn- und Arbeitsplatz in Johannesburg, erklärt verängstigt: "Sie klopften auch an meine Tür und wollten wissen, warum ich nicht in meine Provinz abhaue."

WM-Gastgeber mit Image-Problem

Ein Jahr vor den nächsten Wahlen am Kap werfen Medien die bange Frage auf, ob die wegen ihrer Versöhnungspolitik weltweit geachtete Regenbogen-Nation von Nelson Mandela auf einen selbstzerstörerischen Kurs zusteuert. Der politische Analyst Cyril Madlala warnte am Montag in der Zeitung "Business Day": "Ein behutsamer Umgang ist besonders wichtig für KwaZulu-Natal - eine Provinz mit langer Geschichte rassischer und ethnischer Gewalt. Unterschwellige Spannungen zwischen Indern und Afrikanern sowie zunehmende politische Rivalitäten machen weiterhin ein umsichtiges Management der Politiker erforderlich."

In Durban war gerade Afrikas größte Tourismusmesse Indaba zu Ende gegangen, als die ausländerfeindlichen Exzesse in Johannesburgs Township Alexandra begannen. Südafrika hatte sich dabei erfolgreich als sympathisches Gastland der Fussball-Weltmeisterschaft 2010 präsentiert. Ein Karikaturist griff das Bild auf und porträtierte einen Südafrikaner, der auf einen Ausländer eindrischt und ihm mit den Worten die Tür weist: "Hau ab - aber komm 2010 wieder und bring auch gleich noch einen Freund mit!"

Ralf E. Krüger[dpa]

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