zum Hauptinhalt

Politik: "Unsere Außenpolitik muss realitätstauglicher werden"

Dietmar Bartsch (43) ist seit 1997 PDS-Bundesgeschäftsführer. Er ist verantwortlich für die Strategie seiner Partei im Wahlkampf 2002.

Dietmar Bartsch (43) ist seit 1997 PDS-Bundesgeschäftsführer. Er ist verantwortlich für die Strategie seiner Partei im Wahlkampf 2002.

Bereiten Sie Ihre Partei nach dem Berliner Wahlerfolg jetzt auf eine Regierungsbeteiligung im Bund 2002 vor?

Wir kämpfen mittelfristig für ein Mitte-Links-Bündnis unter Einschluss der PDS. Aber darüber muss inhaltlich entschieden werden. Zurzeit sind unsere Positionen in der Außen- und Sicherheitspolitik mit denen der SPD nicht vereinbar. Aber wir dürfen nie nie sagen.

Soll sich die PDS der SPD annähern?

Es geht nicht darum, uns passfähig zu machen. Wir wollen strategische Autonomie. Unsere Außen- und Sicherheitspolitik muss aber noch realitätstauglicher werden. Es hat da Riesenschritte gegeben, gerade auf unserem Parteitag Anfang Oktober in Dresden. Die zuvor bei uns heiß diskutierte Haltung zu einzelnen Kapiteln der UN-Charta ist keine Streitfrage mehr ...

... weil sie durch einen Formelkompromiss geschlichtet wurde.

Es war gut, dass unser Parteitag kurz vor der Berliner Wahl geschlossen entschieden hat. Wir haben mit unserer Friedenspolitik weit über die PDS hinaus Akzeptanz errungen. Wenn es offene Fragen gibt, etwa zur Terroristenbekämpfung oder zur Ausgestaltung eines Internationalen Gerichtshofes, werden wir diese noch beantworten.

Die klare Ablehnung des US-Bombardements in Afghanistan hat der PDS offenbar Stimmen gebracht.

Kriegsgewinnler PDS, diese Unterstellung weise ich entschieden zurück. Wir haben uns doch nicht gegen die Militäreinsätze gestellt, weil es uns taktisch um Wählerstimmen ging! Unsere Position ist schon im Jugoslawien-Konflikt entstanden. Jetzt sagen wir eindeutig: Krieg sofort beenden. Bomben sind nicht der Weg. Dass man die Terroristen ihrer gerechten Strafe zuführen muss, ist unbestritten.

Wie sollen sie denn gefasst werden?

Die Ratlosigkeit, wie das geschehen soll, hat doch selbst den amerikanischen Verteidigungsminister erfasst. Krieg und Raketen bringen vor allem eines: unermessliches Leid. Die von Kanzler Schröder verkündete uneingeschränkte Solidarität mit den USA ist in die Sackgasse geraten.

Was muss die PDS leisten, damit ein Mitte-Links-Bündnis im Bund möglich wird?

Die PDS ist schon jetzt auf Landes- und Bundesebene koalitionsfähig. Sie hat jedoch eine definitiv andere Position in der Friedenspolitik. Wenn die PDS stark genug ist, wird die SPD ihre Positionen überdenken. Dafür müssen wir unter anderem unsere Verankerung im Westen erhöhen. Das Ergebnis bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl, die sieben Prozent für die PDS im Westteil der Stadt, waren ein wichtiger Meilenstein.

Ist die PDS in Berlin regierungsfähig?

In Berlin haben wir zum ersten Mal einen Wahlkampf mit dem klaren Anspruch geführt, in eine Landesregierung zu gehen. Die Wähler haben gezeigt, dass sie unsere Partei in der Regierung haben wollen. Ich kapiere einfach nicht, warum wichtige Leute in der Bundes-SPD die Zukunftschancen der Stadt auf Grund bundespolitischen Kalküls verspielen wollen.

Sie spielen auf die Empfehlung von Kanzler Gerhard Schröder und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering an, die für eine Ampel-Regierung in der Hauptstadt plädieren?

Die beiden ignorieren den ostdeutschen Wählerwillen. Das wird sich bei der Bundestagswahl 2002 für die SPD nicht auszahlen. Wenn die SPD in Berlin mit den beiden west-dominierten Parteien FDP und Grüne koalieren sollte, würde dies von Thüringen bis Mecklenburg-Vorpommern zur Kenntnis genommen. Es würde für die Sozialdemokraten schwerer, ihre Wähler in den neuen Ländern zu mobilisieren - und letztendlich könnte die Abwahl des Kanzlers drohen.

Vielleicht argwöhnt die SPD, dass sie eine rot-rote Koalition in Berlin Stimmen im Westen kostet?

Das ist die Logik der Konservativen. Das Berliner Wahlergebnis, unser Stimmenzuwachs und das erfolgreiche Abschneiden der SPD nach unserer gemeinsamen Wahl von Wowereit im Juni beweisen das Gegenteil.

Wie wird die PDS wachsenden Einfluss im Bundesrat nutzen?

Wir werden nicht laufend die Muskeln spielen lassen. Wenn es um soziale Gerechtigkeit, Rente oder Steuerreform geht, wird unsere Partei mit verstärktem Gewicht ihre Konzepte einbringen. Wenn man sich anschaut, was das sozial-liberal regierte Rheinland-Pfalz über den Bundesrat so rausholt...

Das könnte Ihnen ein Beispiel geben.

Tut es auch.

Wird der Bundesrat unberechenbarer?

Das kommt auf die Betrachtung an. Ich stehe für die PDS. Für mich wird er berechenbarer.

Bereiten Sie Ihre Partei nach dem Berliner Wahlerf

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false