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Politik: „Unsere Werte müssen sich in Afrika zeigen“ Bundespräsident fordert Engagement der Europäer

Tübingen - Bundespräsident Horst Köhler ist der vierte Redner, den der katholische Theologe Hans Küng zur „Weltethos-Rede“ eingeladen hat. Die Rede im völlig überfüllten Festsaal der Universität Tübingen stand unter der Frage: „Was gehen uns andere an?

Tübingen - Bundespräsident Horst Köhler ist der vierte Redner, den der katholische Theologe Hans Küng zur „Weltethos-Rede“ eingeladen hat. Die Rede im völlig überfüllten Festsaal der Universität Tübingen stand unter der Frage: „Was gehen uns andere an?“ Am Welt- Aids-Tag nutzte Köhler das Forum, um einen Kernsatz aus seiner Antrittsrede vom 1. Juli zu unterstreichen. „Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas.“ Köhler wird am Montag zu seinen ersten Staatsbesuchen in Afrika aufbrechen und zehn Tage dort verbringen. Er wolle mit dieser Reise in Deutschland das Bewusstsein dafür stärken, „dass Afrika uns angeht“.

Die Lage auf dem Schwarzen Kontinent gilt Köhler als Bewährungsprobe und Prüfstein. Er betonte, „dass es eine Frage der Selbstachtung Europas ist, gerade mit Blick auf unsere eigenen Fundamente und Werte, dass wir uns in Afrika ehrlich und großzügig engagieren.“

Im interkulturellen Dialog komme es darauf an, sich über die eigenen Grundlagen und Wurzeln klar zu werden. Es gebe eine moralische Verpflichtung, sich um die zu kümmern, denen es schlechter gehe. Das sei mit dem Gedanken der christlichen Nächstenliebe für Europa prägend geworden, obwohl der Prozess der Zivilisierung Europas nicht ohne Rückfälle in Grausamkeit und Gewalt geblieben sei, „gerade auch im Namen des Christentums“. Mit Blick auf die Integrationsdebatte forderte Köhler ein Verständnis von Toleranz, das nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden dürfe. „Toleranz fordert meinen Respekt vor dem Anderssein des anderen, sie fordert aber auch den Respekt vor meiner Haltung und Lebensweise. Nur so wird sich Toleranz als zivilisatorische Stärke erweisen.“

Köhler warb dafür, Afrika nicht nur als Kontinent der Katastrophen und Hungersnöte zu sehen, sondern als Partner. Wenn Afrika Zukunft haben soll, brauche es die Hilfe der Industrienationen; die afrikanischen Länder selbst müssten Eigenverantwortung für die Überwindung der Armut entwickeln. Köhler, der sich bereits in seinem früheren Amt als Chef des Internationalen Währungsfonds intensiv für Afrika engagiert hatte, verwies auf ermutigende Entwicklungen. In einigen Ländern gebe es eine neue Generation von verantwortungsvollen Reformern. Ausdrücklich begrüßte er die Fraueninitiativen.

Die Ereignisse in Elfenbeinküste und Darfur zeigten jedoch, dass Aufbau und Hoffnung durch gewaltsame Machtkämpfe schnell zerstört werden könnten. „Ich begrüße es daher“, sagte der Bundespräsident, „dass die Afrikanische Union für ihren Kontinent mit dem Prinzip der Nichteinmischung gebrochen hat, wo es um Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit geht.“

Die 1995 gegründete Stiftung Weltethos will den interreligiösen Dialog fördern. Frühere Redner bei diesen Veranstaltungen waren UN-Generalsekretär Kofi Annan, der britische Premier Tony Blair und die UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson.

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