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Noch gebraucht? Ein Soldat der deutschen Truppe in Afghanistan. Deren Abzug rückt näher – allerdings begleitet von wachsender Gewalt. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

© dpa

Politik: Unsichere Sicherheit

Gewalt in Afghanistan nimmt stark zu – vor allem im deutschen Einsatzgebiet.

Von Michael Schmidt

Berlin - Wenn Sicherheit, dann Abzug: Das ist die knappste Formel, auf die sich bringen lässt, was man die – theoretische – Abzugsphilosophie der Bundeswehr am Hindukusch nennen könnte. Doch je näher das Ende des militärischen deutschen Engagements in Afghanistan rückt, desto mehr zeigt sich, dass die Wirklichkeit – praktisch – dem Motto folgt: wenn Abzug, dann Unsicherheit. Die Gewalt im nordafghanischen Verantwortungsbereich der Bundeswehr hat zuletzt dramatisch zugenommen.

Im vergangenen Jahr wurden dort bis November 1660 „sicherheitsrelevante Zwischenfälle“ erfasst – 35 Prozent mehr als im gesamten Vorjahr mit 1228. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus dem Einsatzführungskommando (EFK) der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam. Die Statistik der internationalen Schutztruppe Isaf zeichnet sogar ein noch düstereres Bild. Danach ist die Zahl der „feindlichen Angriffe“ in Nordafghanistan im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 Prozent und in den zweiten sechs Monaten um 26 Prozent gestiegen. Das EFK begründete die Zunahme unter anderem mit dem „sehr hohen Operationstempo“ der afghanischen Armee und Polizei im Kampf gegen die Aufständischen.

Das sei nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig, sagte Omid Nouripour, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen, dem Tagesspiegel. Zum einen würden die Taliban wieder stärker. Zum anderen fehle es, wo die Bundeswehr abziehe, an der nötigen zivilen Hilfe. „Das ist nicht das, was wir den Afghanen versprochen haben“, sagte Nouripour.

Das Auswärtige Amt erklärte, die Sicherheitslage sei im Norden weiterhin weniger angespannt als in anderen Landesteilen. „Schwerpunkte der Kämpfe liegen im Süden und Osten des Landes.“ Die Bundeswehr hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, keine Statistik der Taliban-Angriffe mehr veröffentlichen zu wollen. Das EFK begründete den Schritt mit ungenauen und verzögerten Angaben der afghanischen Sicherheitskräfte. Nouripour widerspricht: „Das zeugt vor allem von dem festen Willen, die Augen zuzudrücken, den Frieden zu erklären und rasch abzuziehen.“ Michael Schmidt

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