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Unter Druck: Spanien und Frankreich in der Schuldenklemme

Der spanische Staat muss fast 7 Prozent Zinsen für Staatsanleihen zahlen, auch für Frankreich wird das Schuldenmachen immer teurer. In Italien spricht Regierungschef Monti von einer ernsten Notlage.

Von Antje Sirleschtov

Die Angst vor einem Übergreifen der Schuldenkrise auf weitere europäische Länder steigt. Besonders Spanien und Frankreich geraten zunehmend unter Druck. Beide Länder konnten sich am Donnerstag nur zu deutlich höheren Zinsen frisches Geld am Markt besorgen. Spanien musste den Anlegern bei der letzten Auktion vor den Wahlen am Sonntag fast sieben Prozent Rendite bieten und nähert sich damit bedrohlich der Marke, ab der sein Schuldendienst zu teuer wird. Ein Niveau von mehr als sieben Prozent gilt als kritisch, da Portugal und Irland bei diesen Renditen Hilfen aus dem Rettungsschirm beantragen mussten. Auch die zweitgrößte Wirtschaftsmacht des Euro-Raums, Frankreich, muss immer mehr für frisches Kapital zahlen: Am Donnerstag lag der Abstand zu Deutschland bei den Zinsen schon bei zwei Prozentpunkten. In seiner Antrittsrede im Senat kündigte der neue italienische Regierungschef Mario Monti eine Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktreform an. Italien stecke in einer ernsten Notlage. „Die Zukunft des Euro hängt auch davon ab, was Italien in den kommenden Wochen tun wird“, sagte Monti in Rom.

Nach Auffassung der Ratingagentur Fitch droht das Land an den Rand der Zahlungsfähigkeit zu geraten. Die Staatsfinanzen seien nicht mehr tragfähig, wenn die Zinsen seiner Staatsanleihen nicht wieder zurückgingen, erklärte die Agentur. Der Abschwung in der Euro-Zone erschwere Montis Technokratenregierung die Aufgabe, das Ruder bei Staatsfinanzen und Wachstum herumzureißen. Das Land stecke wahrscheinlich schon in der Rezession.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor Auswirkungen der Schuldenkrise auf die Wirtschaft. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, die drohenden Ansteckungseffekte im Bankensektor abzuwehren“, sagte Schäuble in Berlin. „Und wir müssen vor allen Dingen ein Überspringen auf die Realwirtschaft verhindern – die Anzeichen dafür sind leider gegeben.“ Mit Blick auf den Besuch des britischen Premierministers David Cameron am Freitag in Berlin erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), es gebe „gewisse Spannungen“ über die weitere Entwicklung der EU und des Euro-Raums. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Großbritannien als verantwortungslos beschimpft, da das Land eine Finanztransaktionssteuer aus Angst vor Wettbewerbsnachteilen für den Handelsplatz London ablehnt. Wenn sich das EU-Mitglied Großbritannien weiter verweigere, müsse die Steuer notfalls nur für die Euro-Zone eingeführt werden, sagte er.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle rief die Briten am Donnerstag zu einer besseren Kooperation auf. „Wir werden die Krise nur gemeinsam lösen. Ich stehe allen Maßnahmen, die nur für einen Teil Europas gelten, skeptisch gegenüber“, sagte Brüderle dem Tagesspiegel. Eine isolierte Besteuerung der Finanztransaktionen nur in der Euro-Zone hätte die Folge, dass sich der Handel von Frankfurt nach London verlagern würde. „Damit wäre das Problem nicht gelöst. Auch unsere britischen Freunde sind aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten. Großbritannien darf nicht nur Trittbrettfahrer von Leistungen der Euro-Zone sein“, sagte der FDP-Politiker.

(mit Reuters, dpa)

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