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Blick in den Wohnbereich einer Flüchtlingsunterkunft. In der Wohnstätte sollen ab etwa 150 Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer untergebracht werden.

© picture alliance/dpa/Sebastian Willnow

Unterbringung von Geflüchteten: Städte schalten in Notfall-Modus

Die Unterkünfte für Geflüchtete sind in vielen Städten voll belegt. Nun müssen Zelte als Notunterkünfte herhalten. Die Städte fordern mehr Unterstützung von Bund und Ländern.

In München werden in dieser Woche zwei Turnhallen als Notunterkünfte für Geflüchtete eröffnet. Anderswo in der Stadt können die Menschen, die über Weihnachten ankommen, nicht untergebracht werden. Auf dem Messegelände entsteht eine große Zeltstadt, bis zu 2000 Geflüchtete sollen dort schlafen können. In Hannover wurden die ersten Geflüchteten in einer Messehalle untergebracht, in der mehr als 200 Zelte mit insgesamt über 2500 Betten errichtet wurden.

In diesem Winter könnten viele weitere Menschen fliehen

Auch die Stadt Leipzig muss große Zelte als Notunterkünfte nutzen. „Die Situation ist sehr schwierig“, sagte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) dem Tagesspiegel. „Bei den nasskalten Temperaturen ist das keine Dauerlösung.“

Mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine hat Deutschland seit dem 24. Februar aufgenommen. In diesem Winter könnten angesichts der russischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung viele weitere Menschen fliehen.

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Zugleich steigt die Zahl der Schutzsuchenden aus anderen Ländern derzeit deutlich. Im November verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit mehr als 29.000 Asylanträgen einen Anstieg um fast 78 Prozent im Vergleich zum November vergangenen Jahres. Besonders aus Syrien und Afghanistan kommen wieder mehr Menschen nach Deutschland.

78
Prozent höher als im Vorjahresmonat ist die Zahl der Asylanträge im November 2022.

„Wir sehen deutlich, dass die Aufnahmekapazitäten in vielen Städten ausgeschöpft sind“, sagte Markus Lewe (CDU), Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Münster, dem Tagesspiegel. „Viele Städte bauen bereits Notunterkünfte auf, stellen Wohncontainer auf oder mieten Hotels an, um die Menschen angemessen unterzubringen.“

10.000
Frauen und Kinder aus der Ukraine haben in Leipzig Zuflucht gefunden.

In Leipzig haben in diesem Jahr etwa 10.000 Frauen und Kinder aus der Ukraine Zuflucht gefunden, die meisten sind privat untergebracht. „Ohne dieses großartige private Engagement hätten wir es als Stadt gar nicht geschafft“, betont der Oberbürgermeister. Zusätzlich lebten rund 10.000 Personen mit Asylstatus in Leipzig, berichtet er. „Hier ist die Unterbringung weitaus schwieriger.“

Leipzigs Oberbürgermeister sieht „existenzielle Frage“

Für die kommenden Wochen plant die Stadt mit weiteren Notunterkünften. „Uns bleibt gar keine andere Wahl, denn anders als 2015/16 haben wir heute keine leerstehenden Gebäude mehr, keine leerstehenden Wohnungen, die wir reaktivieren können“, sagte Jung. Gerade in den Ballungsgebieten entwickele sich das Unterbringungsproblem zu einer „existenziellen Frage“. Er mahnt eine bessere Verteilung von Flüchtlingen im Bundesgebiet „nach Kapazitätsmöglichkeiten“ an.

Ich sehe Bund und Länder in der Pflicht, deutlich stärker zu unterstützen.

Katja Dörner, Bonner Oberbürgermeisterin

Für die Städte wird die Planung dadurch noch komplizierter, dass sie nicht wissen, für wie viele Menschen sie Notunterkünfte bereithalten müssen. Von Bund und Ländern fühlen sich die Verantwortlichen vor Ort unzureichend informiert. „Bund und Länder müssen die Städte umgehend einbeziehen, wenn sie über Fluchtbewegungen informieren und Lagebilder besprechen“, fordert Städtetagspräsident Lewe.

„Die Städte brauchen konkrete Aussagen, wie viele Unterkünfte sie für die Wintermonate vorhalten sollen.“ Außerdem seien die Länder gefordert, schnell deutlich mehr Plätze in ihren eigenen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zusätzliche Dauerunterkünfte bereitzustellen.

Es müssen mehr Kapazitäten geschaffen werden, es braucht eine auskömmliche Finanzierung.

Alexander Handschuh, Deutscher Städte- und Gemeindebund.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert von Bund und Ländern ebenfalls eine Ausweitung der Erst- und Notaufnahmeeinrichtungen. „Es müssen mehr Kapazitäten geschaffen werden, es braucht eine auskömmliche Finanzierung“, sagte ein Sprecher. Bund und Länder müssten dies vollumfänglich übernehmen. Zudem fehlt es an Schul- und Kitaplätzen.

„Ich sehe Bund und Länder in der Pflicht, deutlich stärker zu unterstützen“, sagte die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) dem Tagesspiegel. Die Länder müssten zusätzliche eigene Unterbringungskapazitäten schaffen, der Bund müsse „nutzbare Immobilien“ zur Verfügung stellen. „Massive finanzielle Unterstützung durch den Bund und die Länder ist zudem unabdingbar.“ Auch in Bonn sind die städtischen Unterkünfte fast vollständig belegt. Dort wird nun eine Gewerbehalle in eine „Notschlafstelle“ umgewandelt.

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