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Gegen Lohndumping. Manche Pflege-Mitarbeiter bekommen nun mehr. Foto: ddp

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Politik: Untere Grenze

Berlin - Dass die Einigung nicht einfach war, zeigt schon die Verhandlungsdauer. Knapp sechs Monate haben die Unterhändler gebraucht, um einen flächendeckenden Mindestlohn für die Pflege festzuzurren.

Berlin - Dass die Einigung nicht einfach war, zeigt schon die Verhandlungsdauer. Knapp sechs Monate haben die Unterhändler gebraucht, um einen flächendeckenden Mindestlohn für die Pflege festzuzurren. Mit einem Stoßseufzer präsentierte Kommissionschef Rainer Brückers am Donnerstag das Ergebnis. 8,50 Euro für die Beschäftigten in Westdeutschland, 7,50 Euro für die im Osten – und zwar zum Juli dieses Jahres. Zum 1. Januar 2012 und 1. Juli 2013 wurde den gut 540 000 Beschäftigten in der sogenannten Grundpflege zudem eine um jeweils 25 Cent höhere Lohngarantie in Aussicht gestellt.

Man habe „den Auftrag erfüllt, für eine gute Pflege in Deutschland mitzusorgen“, resümierte Brückers. Allerdings handele es sich bei dem Mindestlohn „keineswegs um das, was wir als angemessene Vergütung betrachten“. Mit der Untergrenze gehe es darum, Lohndumping zu beenden. Seit 15 Jahren befinde man sich bei der Bezahlung von Pflegekräften in einer „Abwärtsspirale“. Zwar zahlten die meisten stationären Einrichtungen deutlich mehr als den jetzt vorgegebenen Mindestlohn. Bei den ambulanten Diensten allerdings lägen rund 15 Prozent der Beschäftigten mit Stundenlöhnen zwischen 4,50 und 7,50 Euro deutlich darunter.

„Wenn uns die Politik nicht zu einem einstimmigen Ergebnis verdammt hätte, würde der Mindestlohn anders aussehen“, rechtfertigte Verdi-Vorstandsmitglied Ellen Paschke das aus ihrer Sicht magere Ergebnis. Immerhin könne man damit aber den maßlosen Preisdrückern „endlich einen Riegel vorschieben“.

Gebremst hätten bei der Mindestlohnhöhe und der Ost- West-Angleichung die privaten Arbeitgeber. Die Caritas dagegen versprach, ihre Mitarbeiter auch künftig besser zu bezahlen. Derzeit erhielten sie mindestens zehn Euro im Westen und 9,35 Euro im Osten. Entsprechend erwarte man aber auch von den Kassen, dass sie sich bei der Kostenübernahme nicht an den Mindestlöhnen, sondern am Tarif orientierten, mahnte der Verband.

Ein besonderes Bonbon gibt es für Berliner Beschäftigte. Die Kommission einigte sich darauf, sie beim Mindestlohn komplett dem „Westgebiet“ zuzuschlagen. Nachdem das Durchschnittsentgelt für Grundpflege in der Hauptstadt derzeit bei 7,90 Euro liegt, können sich hier nicht wenige über die kleine Aufstockung freuen.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wollte sich mit Blick auf die Tarifautonomie nicht zur Höhe des Mindestlohns äußern. Sie betonte aber, dass es sich nur um eine Untergrenze handle. „Wir haben nun ein klares Signal, dass es darunter nicht geht“, sagte die CDU-Politikerin. Und dass es jedem Arbeitgeber unbenommen bleibe, mehr zu zahlen. Sie begrüße die Einigung „außerordentlich“ und werde sich vehement dafür einsetzen, dass sie zum 1. Juli in Kraft treten könne.

Nötig ist dafür noch eine Verordnung und eine Kabinettsentscheidung. Dass sich der Koalitionspartner querstellt, ist jedoch unwahrscheinlich. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ließ sich mit den Worten zitieren, dass trotz grundsätzlicher Mindestlohn-Vorbehalte auch für ihn eine Lohnuntergrenze in der Pflege „unter Umständen akzeptabel“ sei.

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