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Unterhalt: Karlsruhe stellt nichteheliche Kinder gleich

Während geschiedene Eltern für die Betreuung der Kinder bis zum achten Lebensjahr Anspruch auf Unterhalt haben, entfällt dieser bei nichtehelichen Kindern bereits nach drei Jahren. Eine Diskriminierung, urteilt Karlsruhe.

Karlsruhe - Unverheiratete Mütter oder Väter müssen künftig für die Betreuung ihrer Kinder vom Ex-Partner genau so lang Unterhalt bekommen wie Geschiedene. Das Bundesverfassungsgericht hat die Benachteiligung lediger Eltern gegenüber Verheirateten für verfassungswidrig erklärt. Die geltenden Regelungen und ihre Umsetzung durch die Gerichte verstießen gegen das Verbot der Diskriminierung nichtehelicher Kinder im Grundgesetz, entschied das Karlsruher Gericht. Vorerst sind die Vorschriften aber weiter anwendbar; ein neues Gesetz muss bis Ende 2008 geschaffen werden. (Az: 1 BvL 9/04 - Beschluss vom 28. Februar 2007)

Bisher haben geschiedene Mütter oder Väter, die sich um den Nachwuchs kümmern, bis zum achten Lebensjahr oder sogar bis zum Ende der Grundschulzeit des Kindes Anspruch auf Unterhalt, ohne selbst arbeiten gehen zu müssen. Bei Unverheirateten entfällt der Anspruch in der Regel nach drei Jahren. Bundesjustizministerium und Bundesgerichtshof haben diesen Unterschied bisher mit Blick auf den Schutz der Ehe für gerechtfertigt gehalten.

Bisher mit zweierlei Maß gemessen

Das Bundesverfassungsgericht argumentierte dagegen, das Grundgesetz verbiete es, mit zweierlei Maß zu messen und geschiedene Eltern besser zu stellen. "Denn wie viel ein Kind an persönlicher elterlicher Betreuung und Zuwendung bedarf, richtet sich nicht danach, ob es ehelich oder nicht ehelich geboren ist."

Nach den Worten des Ersten Senats dient dieser Unterhalt - auch wenn er formal dem jeweiligen Elternteil zusteht - allein dem Wohl des Kindes. Er werde für die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes gewährt und habe nichts mit der Frage zu tun, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Die Lebensbedingungen ehelicher und nichtehelicher Kinder unterschieden sich nur unwesentlich.

Änderungen bei Unterhaltsrechtsreform

Unklar ist, welche Auswirkungen die Entscheidung auf die geplante Unterhaltsrechtsreform der großen Koalition hat. Dort finden sich ledige Eltern bei der Rangfolge der Ansprüche hinter den Verheirateten. Nach Angaben von Jörn Wunderlich (Linkspartei) sollte das Gesetz an diesem Mittwoch im Rechtsausschuss beschlossen werden, die Sitzung sei aber vertagt worden. "Diese Pläne sind jetzt vom Tisch", sagte der Familienpolitiker am Mittwoch in Berlin.

Der Senat ließ offen, ob eine längere persönliche Betreuung des Kindes durch die Eltern aus pädagogischer oder psychologischer Sicht besser sei als die Fremdbetreuung im Kindergarten; es sei Sache des Gesetzgebers, dies zu beurteilen. Allerdings machten die Richter deutlich, dass eine Dreijahresgrenze beim Unterhalt auch für geschiedene Eltern mit dem Grundgesetz vereinbar wäre.

Eine Gegenstimme

Der besondere Schutz der Ehe im Grundgesetz sei im Übrigen dadurch gewährleistet, dass geschiedenen Partnern - unabhängig davon, ob sie Kinder haben - zusätzlich Unterhalt für den Fall der Arbeitslosigkeit zusteht, während nichteheliche Partner ohne Anspruch dastehen. Einer der acht Richter stimmte gegen die Entscheidung.

Der Beschluss geht auf eine Vorlage des Oberlandesgerichts Hamm zurück. Im Ausgangsverfahren forderte die ledige Mutter zweier heute zehn und sechs Jahre alter Kinder vom Vater Unterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus, war mit der Klage aber bei den unteren Instanzen gescheitert. (tso/dpa)

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