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Unternehmensteuer: Merkel offen für Nachbesserungen

Kurz vor dem Kabinettsbeschluss zur Unternehmensteuerreform hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Änderungen in Aussicht gestellt. Bundeswirtschaftsminister Glos beklagt Nachteile für den Mittelstand.

München/Berlin - Im Gesetzgebungsverfahren müssten "Verbesserungen" zu Gunsten von Forschung und Entwicklung erreicht werden, sagte Merkel. Sie kam damit Forderungen der Wirtschaft entgegen, die trotz grundsätzlicher Zustimmung zu der deutlichen Steuersenkung Probleme für Unternehmensinvestitionen befürchtet.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erwartet am Mittwoch im Kabinett einen einstimmigen Beschluss zur Unternehmensteuerreform. In München verteidigte er sie gegen Kritik aus den eigenen Reihen: "Wir reizen Investitionen an und wir beenden Verschiebebahnhöfe." Steinbrück sagte weiter: "Ich glaube, das wir mit gesundem Menschenverstand etwas Vernünftiges zu Stande gebracht haben." Union und SPD wollen die Gesamtsteuerlast für Kapitalgesellschaften auf unter 30 Prozent senken. Auch Personengesellschaften können von der Entlastung profitieren.

Glos will Kritik üben

Nach einem Zeitungsbericht will Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) indes Kritik an der Reform im Bundeskabinett in einer förmlichen Protokoll-Erklärung äußern. Glos beklage Nachteile für den Mittelstand und fordere entsprechende Änderungen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, schreibt die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Regierungskreise.

Ursprünglich habe auch Aufbau-Ost-Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) eine solche Erklärung abgeben wollen, weil er sich um ostdeutsche Mittelständler sorgte. Aus Rücksicht auf seinen Parteifreund Steinbrück soll Tiefensee aber davon Abstand genommen haben, so die Zeitung. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) sei mit einer für ihr Ressort wichtigen Zusicherung davon abgebracht worden, Kritik an der Steuerreform ebenfalls zu Protokoll zu geben.

Wirtschaft befürchtet Erschwernisse bei Forschungsinvestitionen

Merkel sagte, es dürfe nicht sein, dass durch die Reform etwa Forschungsaktivitäten von Unternehmen ins Ausland verlagert oder ganz unmöglich gemacht würden. "Das wäre falsch." Mit der Reform werde Deutschland bei der Steuerbelastung international wettbewerbsfähig, so die Kanzlerin nach dem traditionellen Gespräch mit den Spitzenverbänden am Rande der Internationalen Handwerksmesse.

"Die bedeutende Steuersenkung macht den Standort Deutschland attraktiver", meinte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig-Georg Braun. "Bestimmte Glättungen von Schwierigkeiten" seien jedoch nötig. Die Wirtschaft befürchtet vor allem Erschwernisse bei Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen wegen der geplanten Besteuerung des "Gewinnpotenzials" von Betrieben, wenn Abteilungen ins Ausland verlegt werden. Ziel der großen Koalition müsse sein, Investitionen in Deutschland zu fördern, betonte Braun. "Das darf man nicht konterkarieren."

Heil kritisiert Merkel

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kritisierte Merkels Ankündigung. "Wer Deutschland voranbringen will, darf nicht ständig Einzelinteressen nachgeben", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Durch die Unternehmenssteuerreform solle in Deutschland verdientes Geld hier versteuert und investiert werden. So sei es vereinbart. "Diese Vereinbarung darf nicht in Frage gestellt werden, nur um Beifall bei Lobbygruppen zu erreichen", sagte Heil.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Reform dagegen ein "zutiefst sozialdemokratisches Konzept". Wer es nicht wolle, nehme in Kauf, dass jährlich 100 Milliarden Euro Gewinne im Ausland versteuert werden, sagte Poß der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". (tso/dpa)

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