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Politik: „Unterstützung für Südsudan ist immens wichtig“

Der deutsche Major Oliver Palkowitsch berichtet über seinen Einsatz für die UN in Juba.

Berlin - Während die Friedensverhandlungen für den Südsudan nicht vorankommen, gehen die verfeindeten Gruppen in dem afrikanischen Staat offenbar mit brutaler Härte gegeneinander vor. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtet von schweren Gräueltaten beider Seiten – der Rebellen aus den Reihen der ethnischen Gruppe der Nuer von Ex-Vizepräsident Riek Machar und den Truppen von Präsident Salva Kiir, der den Dinka angehört. Vor allem rund um die Stadt Malakal im Norden hätten in den vergangenen Tagen schwere Kämpfe getobt, berichtete auch der französische Sender RFI. Beobachtern zufolge sollen die Rebellen die Hauptstadt des ölreichen Bundesstaates Oberer Nil mittlerweile fast ganz unter Kontrolle haben. Derweil eroberten die Regierungstruppen die lange umkämpfte Stadt Bor in der Region Jonglei zurück.

In dem Land sind derzeit auch insgesamt 16 deutsche Soldaten eingesetzt, die die UN-Mission im Südsudan unterstützen. Einer von ihnen ist Oliver Palkowitsch, ein Reserve-Major, der bereits früher für die UN in der Region tätig war, als der Südsudan noch kein eigener Staat war, sondern noch zum Sudan gehörte. Damals, 2008, sei er mit einem positiven Eindruck nach Hause gefahren, berichtet Palkowitsch im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Am Ende seiner Mission seien die nordsudanesischen Truppen aus dem Süden abgezogen, ein wichtiger Teil der Friedensverträge zwischen dem Norden und dem Süden. „Aus heutiger Perspektive habe ich den Eindruck, dass der jahrzehntelange Bürgerkrieg mit dem arabischen Nordsudan vielleicht den Blick auf die internen Konflikte, die wir jetzt erleben, verstellte“, sagt Palkowitsch. Die Lebensbedingungen der Menschen erlebte er allerdings ganz unabhängig von früheren und aktuellen Konflikten als sehr bescheiden, weshalb „die Unterstützung für die Zivilgesellschaft und für Entwicklung des Staates so immens wichtig ist“.

Die UN-Mission Unmiss soll beim Aufbau des 2011 gegründeten Staates helfen. Derzeit müsse die UN aber auch wieder eine Mediatorenrolle übernehmen, berichtet der deutsche Major. Die eigentliche Arbeit gestalte sich schwierig, da viele Ansprechpartner das Land verlassen hätten. Inzwischen haben auch zehntausende Zivilisten bei den UN Schutz gesucht, die aus den umkämpften Gebieten geflohen sind. Insgesamt sind nach UN-Angaben eine halbe Million Südsudanesen auf der Flucht. Wie das Kinderhilfswerk World Vision berichtet, sind darunter auch Kinder, die völlig auf sich allein gestellt sind. Sie seien hungrig und verängstigt, hätten oft Nächte im Busch verbracht. Aus Sicht von Oliver Palkowitsch hat die Bevölkerung resigniert. „Praktisch jeder ist vom Konflikt betroffen, sei es, dass Verwandte geflüchtet sind oder getötet wurden, die Nachbarn oder Arbeitskollegen plötzlich verschwunden sind.“

Viele Hoteliers und kleine Ladenbesitzer, die in der Regel aus dem benachbarten Ausland stammten, hätten das Land aus Angst um ihre Sicherheit und ihre Existenz verlassen oder dächten über eine Ausreise nach. „Auch im direkten Umfeld der Unmiss-Standorte kam es zuletzt immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen“, erläutert Palkowitsch die Lage in der Hauptstadt Juba. Er selbst musste seine Wohnung in der Stadt aufgeben und wohnt jetzt in einem Container auf dem UN-Gelände. Tagsüber könnten sich UN-Mitarbeiter relativ frei in Juba bewegen, allerdings müssten sie Schutzweste und Helm tragen und ein Funkgerät bei sich führen, sagt der Deutsche. Nachts herrsche eine Ausgangssperre. Die Versorgungslage in Juba sei im Gegensatz zu anderen Landesteilen nach wie vor gut. Um den begonnenen Staatsaufbau fortzuführen, müsse allerdings so schnell wie möglich wieder Stabilität einkehren.

Tatsächlich betonen beide Konfliktparteien, wie wichtig die Einheit des Landes und der Bevölkerung sei. Von den Friedensgesprächen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gibt es aber keine Fortschritte zu vermelden. Die Rebellen beharren dort offensichtlich darauf, dass elf ihrer Gefolgsleute, die sich in Regierungsgewahrsam befinden, freigelassen werden, bevor ernsthafte Friedensgespräche beginnen können.Ulrike Scheffer

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