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Politik: Untersuchungsausschuss: Das erste, aber nicht das letzte Mal? Die Ausschussmitglieder von SPD und Grünen wollen Antworten vom Altkanzler

Wer zu spät kommt, den erwartet in der Katholischen Akademie bestenfalls ein Stehplatz vor der Tür. Um 10 Uhr beginnt dort die öffentliche Vernehmung des Dr.

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Wer zu spät kommt, den erwartet in der Katholischen Akademie bestenfalls ein Stehplatz vor der Tür. Um 10 Uhr beginnt dort die öffentliche Vernehmung des Dr. Helmut Kohl. Wer darüber schreiben will, muss spätestens anderthalb Stunden vorher einen Platz im Saal belegen, und es empfiehlt sich, früher da zu sein. Dann müssen alle wieder hinaus, mit Jacken, Taschen und Laptops. Für eine dreiviertel Stunde tagt der Untersuchungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Sodann: der Zeuge Kohl. Er wird eine Stunde sprechen. Seine Erklärung ist gründlich vorbereitet, durch Aktenstudium und Klausurberatung mit seinen Anwälten. Aber wird er etwas sagen? "Wenn er wirklich alles auf den Tisch legen würde, wären wir wahrscheinlich nach zwei Stunden fertig", sagt Hans-Christian Ströbele, der grüne Chef-Ermittler in Sachen Parteispenden. Ströbele hat 28 Sitzungen, zwei Dutzend Zeugen, 250 Beweisbeschlüsse hinter sich. Er will Kohl hartnäckig befragen und weiß, dass es wenig Grund gibt, auf Aufklärung zu hoffen. "Er wird sich im Wesentlichen auf seine Verdienste um Deutschland, Europa und die Welt konzentrieren", sagt Ströbele nüchtern.

Grüne und SPD wollen Kohl heute zum ersten, nicht zum letzten Mal befragen. Es soll dabei um die Parteispenden gehen. Erst bei einer zweiten Vernehmung, wenn weitere Zeugen befragt und weitere Akten durchgearbeitet werden konnten, wollen SPD und Grüne im Ausschuss das Panzer-Geschäft mit Saudi-Arabien, Leuna, die Eisenbahnerwohnungen - kurzum die Frage der Bestechlichkeit - zum Schwerpunkt machen. Helmut Kohl wird sich in seiner Erklärung zu beiden Komplexen äußern und den Vorwurf der Bestechlichkeit scharf zurückweisen. Doch Kohl-Anwalt Stephan Holthoff-Pörtner hat vorab angekündigt, dass der Alt-Kanzler auch vor dem Ausschuss nicht die Auskunft geben wird, die selbst seine eigene Partei dringend angemahnt hat: Wer waren die Spender, die Kohl zwischen 1993 und 1998 rund zwei Millionen Mark übergeben haben?

Holthoff-Pörtner hat seinem Mandanten geraten, sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht zu berufen, weil die Bonner Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Untreue gegen ihn ermittelt. Doch ist umstritten, wie weit dieses Recht reicht. Der Ausschuss-Vorsitzende Volker Neumann, SPD, vertritt, dass Kohl sich nur begrenzt darauf berufen kann. Denn die Bonner Staatsanwaltschaft interessiert sich nur für die Spenden seit 1993. Ein Teil der Zeugenvernehmung wird der Rechtsstreit über Kohls Aussageverweigerungsrecht sein.

Hartnäckige Fragen hat Helmut Kohl auch jenseits der Namen zu erwarten. Zum Hirsch-Bericht über die Akten-Vernichtung im Kanzleramt etwa und ganz allgemein zum Finanzgebaren der CDU unter dem Parteivorsitzenden Kohl. Ihm gehe es vor allem um die Frage, dass nach dem Flick-Skandal nicht Schluss war, sagt Neumann. Eine Hauptaufgabe des Ausschusses sei es, durch eine möglichst umfassende Darstellung sicherzustellen, dass so etwas nicht zum dritten Mal passiert.

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