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Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland

© dpa/Kay Nietfeld

Rechtsextreme Unterwanderung: Ab wann muss der Verfassungsschutz die AfD beobachten?

Die Indizien, dass die AfD auch im Bundestag von Rechtsextremen unterwandert wird, häufen sich. Noch muss der Verfassungschutz nicht eingreifen. Noch. Ein Kommentar.

Von Frank Jansen

Der Verfassungsschutz steckt in einem Dilemma. Die Behörden in Bund und Ländern sehen keine gesetzliche Grundlage, die AfD zu beobachten. Doch die Indizien, die Partei könnte von Rechtsextremisten unterwandert werden, häufen sich. Recherchen von Tagesspiegel und „Zeit Online“ ergaben, dass in der Bundestagsfraktion Mitarbeiter aus bräunlichen Milieus angestellt sind oder waren.

Bei mindestens 27 Personen sind Verbindungslinien zu Demokratiefeinden wie der NPD, der Identitären Bewegung, der Gruppierung „Ein Prozent“, der wegen neonazistischer Umtriebe verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), der Neuen Rechten und ultrarechten Burschenschaften zu erkennen.

Die Liste der problematischen Figuren, die an die AfD angedockt haben, dürfte noch gewaltig wachsen, würde jede Fraktion in Landtagen und auf kommunaler Ebene durchleuchtet. Und dann sind da noch Leute wie Björn Höcke, die die Radikalisierung der AfD vorantreiben.

Hohe Hürden für die Beobachtung

Sind das keine Gründe für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz? Formal gesehen hat er recht. Das Bundesverfassungsschutzgesetz setzt hohe Hürden für die Beobachtung einer Partei. Da müssen „Bestrebungen“ erkennbar sein, die sich „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ richten und „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“. AfD-Politiker testen Schmerzgrenzen mit provokativen Äußerungen über Flüchtlinge, Türken und „das System“, geben sich aber verfassungskonform.

Die Mitarbeit von Leuten aus verfassungsfeindlichen Gruppierungen wird verharmlost, indem man sie als „Jugendsünde“ bezeichnet. Oder man will es, wie Alexander Gauland im Fall des früheren HDJ-Anhängers in seinem Büro, gar nicht gewusst haben. Das Gegenteil erscheint plausibel, wäre aber für den Verfassungsschutz nur mühsam nachzuweisen, vor allem im Fall einer Auseinandersetzung mit der AfD vor einem Verwaltungsgericht.

Beim Verfassungsschutz müssten die Zügel gelockert werden

Doch sind die wachsenden Sorgen vieler Demokraten über die Hetze der AfD nicht Grund genug, um den Verfassungsschutz auf die in den Extremismus ausfransende Partei anzusetzen? Die Frage müssten Innenminister und Abgeordnete beantworten.

Sie sollten prüfen, ob die gesetzlichen Grundlagen für eine Beobachtung zumindest von Teilen der AfD reichen. Wenn nicht, wäre über niedrigere rechtliche Hürden zu diskutieren. Man darf gespannt sein, wie viele AfD-Gegner bereit wären, beim oft gescholtenen Verfassungsschutz die Zügel zu lockern.

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