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Politik: Uran-Munition: Bundeswehr warnt vor Massenhysterie

Das Bundesverteidigungsministerium sieht keinen Anlass, auf dem Balkan dienende Bundeswehrsoldaten auf mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen des Kontakts mit Uranmunition untersuchen zu lassen. "Es würde zu einer Massenhysterie führen, wenn wir Zehntausende Soldaten dazu auffordern würden", sagte der parlamentarische Staatssekretär Walter Kolbow dem Tagesspiegel.

Das Bundesverteidigungsministerium sieht keinen Anlass, auf dem Balkan dienende Bundeswehrsoldaten auf mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen des Kontakts mit Uranmunition untersuchen zu lassen. "Es würde zu einer Massenhysterie führen, wenn wir Zehntausende Soldaten dazu auffordern würden", sagte der parlamentarische Staatssekretär Walter Kolbow dem Tagesspiegel. Seit Montag erfasst das Ministerium statistisch sämtliche Leukämieerkrankungen von Bundeswehrsoldaten, um anschließend zu klären, wer tatsächlich auf dem Balkan im Einsatz war. Italien, Griechenland und möglicherweise auch Spanien wollen dagegen all jene Soldaten medizinisch untersuchen lassen, die in den letzten Jahren in Bosnien oder im Kosovo im Nato-Einsatz waren.

Staatsminister Kolbow sagte: "Es steht jedem Soldaten frei, sich aus freien Stücken heraus untersuchen zu lassen." Bisher gebe es weder arbeitsmedizinische noch biotechnische Unterlagen, die eine flächendeckende Analyse zwischen Krankheitsbild und Einsatzort notwendig erscheinen ließen. Kolbow kündigte an, dass Bundesverteidigungsminister Scharping am Mittwoch eine Dokumentation über Leukämiefälle in der Bundeswehr vorstellen werde.

Dem vom ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer geleiteten Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) sind von der Nato insgesamt 112 Orte genannt worden, an denen Uran-Munition eingesetzt wurde. Nach einer in Bonn veröffentlichten Mitteilung hat ein Wissenschaftler-Team der Organisation im November elf der zwölf in Frage kommenden Orte im Kosovo untersucht. Acht Stellen wiesen im direkten Umkreis der Einschlagstellen eine leicht erhöhte Beta-Strahlung auf. Das Team sei erstaunt gewesen, anderthalb Jahre nach dem Konflikt Reste uranhaltiger Munition auf dem Boden zu finden. Die endgültigen Ergebnisse werden Ende März erwartet.

In Portugal begann am Montag die Untersuchung von rund 10 000 Soldaten und Zivilangehörigen, die auf dem Balkan stationiert waren, auf mögliche Strahlenschäden. Bei einem portugiesischen Soldaten wurde nach der Rückkehr aus dem Kosovo, wo die US-Truppen uranhaltige Munition verschossen haben, Krebs festgestellt. Norwegens Behörden boten am Montag allen nach 1990 im Ausland eingesetzten Soldaten umfassende ärztliche Untersuchungen an. Der russische Außenminister Igor Iwanow forderte eine unabhängige Untersuchung der Gesundheitsgefahren durch uranhaltige Munition unter Aufsicht der Vereinten Nationen.

Die UN-Verwaltung für das Kosovo hat die Weltgesundheitsorganisation WHO zur Hilfe bei der Untersuchung möglicher Gesundheitsgefahren durch die Verwendung von uranhaltiger Munition im Balkan-Krieg aufgerufen. UN-Verwalter Bernard Kouchner habe WHO-Chefin Gro Harlem Brundtland aufgefordert, ein Expertenteam für entsprechende Studien aufzustellen, sagte eine Sprecherin am Montag in Pristina.

cl

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