zum Hauptinhalt

Politik: Urlaubssperre bis Oktober

Der Bundeswahlleiter bereitet sich auf den 18. September vor / Günstigere Fristen für die Parteien

Von Matthias Schlegel

Berlin - Der Bundeswahlleiter steckt in einem Dilemma: Kommt es zur Neuwahl am 18. September, ist die Zeit für deren Vorbereitung denkbar knapp. Zwar können zwei Entscheidungen das Projekt noch zu Fall bringen: wenn der Bundespräsident dem Antrag des Kanzlers nach Auflösung des Bundestages nicht zustimmt oder wenn das Bundesverfassungsgericht den angekündigten Klagen gegen die Neuwahl stattgibt. Johann Hahlen, in Doppelfunktion Bundeswahlleiter und Chef des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden, muss vorerst so tun, als stünden die Bundestagswahlen vor der Tür.

Die Behörde muss ein hohes Tempo vorlegen und vorauseilend agieren. So verhängte Hahlen schon mal Urlaubssperre für sich und seine Mitarbeiter. Die endet nicht etwa am voraussichtlichen Wahltag, sondern erst Anfang Oktober. Bis dahin wird sich nämlich die Prüfung der Ergebnisse durch die Wahlausschüsse auf allen Ebenen hinziehen, erklärt Heinz-Christoph Herbertz, Leiter des Büros des Bundeswahlleiters. Dass die Parteien schon ihre Wahllisten mit den Spitzenkandidaten aufstellen, obwohl der Neuwahltermin noch gar nicht bestätigt ist, wirkt nur auf den ersten Blick kurios. Denn laut Bundeswahlgesetz dürfen Bewerber um Bundestagsmandate schon 32 Monate nach Beginn der Wahlperiode aufgestellt werden – das war der 18. Juni 2005. Käme es nicht zu Neuwahlen, könnten diese Listen theoretisch auch im Herbst 2006 noch verwendet werden.

Doch bei den anderen Vorbereitungen sind die im Bundeswahlgesetz vorgegebenen Termine nicht mehr zu erreichen. Deshalb schrieb der Bundeswahlleiter vorsorglich schon vor Wochen den Parteien, Vereinigungen und den Landeswahlleitern einen Brief, in dem er den Hinweis auf ein bedeutendes historisches Datum nicht scheute: „Aus meiner Sicht spricht vieles dafür“, so Hahlen, „die Fristen und Termine (...) so abzukürzen, wie dies 1990 vor der ersten gesamtdeutschen Wahl geschehen ist.“ Das Bundesinnenministerium ist durch das Bundeswahlgesetz selbst „ermächtigt“, diese Fristen ohne Zustimmung des Bundesrates zu verkürzen. Hahlen teilte sie schon einmal mit, obwohl das Innenministerium die entsprechende Rechtsverordnung natürlich erst erlassen wird, wenn sich der Bundespräsident entschieden hat. Demnach verkürzt sich die Anmeldefrist für die Parteien von 90 auf 47 Tage vor dem Wahltermin – sie müssen also bis spätestens 2. August beim Bundeswahlleiter vorstellig werden.

Bis zum 15. August – dem 34. Tag statt dem 66. Tag vor der Wahl – müssen dann alle Wahlvorschläge, also die Kreiswahlvorschläge mit den Direktkandidaten und die Landeslisten, an die Kreiswahlleiter beziehungsweise die Landeswahlleiter eingereicht werden. In gleicher Weise verkürzen sich die Zulassungs- und Einspruchsfristen. Erst 24 – statt 52 – Tage vor der Wahl, also am 25. August, stehen die Listen aller Parteien endgültig fest. Sie müssen dann innerhalb von vier Tagen veröffentlicht werden. Speziell die kleinen Parteien, die bislang nicht im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind, stellt das vor enorme Schwierigkeiten. Denn sie müssen, um ihre Wahlvorschläge überhaupt einreichen zu dürfen, pro Landesliste in der Regel 2000 Unterstützungsunterschriften – bundesweit rund 30000 – beifügen, zusätzlich 200 Unterschriften je Wahlkreis für den Kreiswahlvorschlag. Dafür haben sie bis zum 15. August Zeit. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hat bereits das Handtuch geworfen: Sie tritt nicht mit eigenen Listen an, sondern unterstützt die Familienpartei. Es sei denn, so weit kommt es gar nicht – wenn die angekündigte Klage der ÖDP beim Bundesverfassungsgericht wegen der Benachteiligung kleinerer Parteien Erfolg hat.

Zur Startseite