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Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Leibliche Väter bekommen mehr Rechte

Leiblichen Vätern, die sich Kontakt mit ihrem Kind wünschen, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag den Rücken gestärkt – wieder einmal.

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Eine verheiratete Frau wird schwanger – von einem anderen als dem Ehemann. Dieser Fall ist gar nicht so selten. Will der Erzeuger des Kindes dann Kontakt mit dem Nachwuchs haben, ist er im deutschen Recht bisher weitgehend rechtlos. Denn Vater ist automatisch der Ehemann, auch wenn er genetisch nichts zu dem Baby beigetragen hat. Leiblichen Vätern, die sich Kontakt mit ihrem Kind wünschen, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag den Rücken gestärkt – wieder einmal. Er gab einem Mann aus Fulda recht, dem deutsche Gerichte keinen Umgang mit seinem mutmaßlichen Sohn zusprachen. Deutschland muss ihm jetzt 5000 Euro Entschädigung zahlen – als Strafe für die Verletzung seines Rechts auf ein Privatleben gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Interessant ist in diesem Zusammenhang das Wort „mutmaßlich“. Denn anders als in dem Fall Anayo, der im Dezember in gleicher Weise entschieden wurde, stand diesmal die Vaterschaft des Klägers nicht fest. Den deutschen Gerichten war das egal, da der Kläger hier selbst dann keine Rechte hätte, wenn er nachweislich der Vater wäre.

In diesem Punkt könnte das Straßburger Urteil sich sogar auf die Regeln für Vaterschaftstests auswirken. Denn künftig gilt, dass Gerichte eine Einzelfallprüfung machen müssen: Die Interessen des Kindes, seiner Eltern und des leiblichen Vaters müssen gegeneinander abgewogen werden. Es könnte ja sein, dass Kontakt zum leiblichen Vater dem Kindeswohl entspricht. In diesem Zusammenhang müsste auch geklärt werden, ob jemand wirklich der Erzeuger ist.

„Durch das Urteil wird das Recht des mutmaßlichen Vaters auf einen Vaterschaftstest gestärkt sowie das Umgangsrecht des biologischen Vaters mit seinem Kind“, sagt Ignacio Czeguhn, Professor für Bürgerliches Recht an der Freien Universität. Er hält das Urteil für sehr weitreichend. Das Bundesjustizministerium prüft, ob nun Gesetze geändert werden müssen. Die Überlegungen laufen schon länger, es gibt aber zwischen den Koalitionspartnern noch Streit um Inhalte. Ein Sprecher verwies darauf, dass beim EGMR noch mehrere Verfahren zum Verhältnis zwischen rechtlichen und biologischen Vätern anhängig seien.

Der Verein Väteraufbruch für Kinder forderte den Gesetzgeber auf, jetzt schnell zu handeln. Auch der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht begrüßte die Entscheidung: „Ich denke, dieses Urteil ist ein Motivationsschub für Väter und Mütter, die vom Umgang mit ihrem Kind ausgeschlossen sind“, sagte sein Vorsitzender Josef Linsler. Fatina Keilani/Anna-Sophie Sieben

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