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Klaus Stuttmann karikierte 2014 für den Tagesspiegel die Lobbyisten im Bundestag.

© Tsp

Urteil des Verwaltungsgerichts: Auch Union muss über Lobbyisten informieren

Nach der SPD muss nun auch die Union im Bundestag ihre bisher geheim gehaltene Liste mit Lobbyvertretern veröffentlichen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht nach einer Eilklage des Tagesspiegels geurteilt.

Nach der SPD-Fraktion muss auch die Union im Bundestag kurzfristig ihre bislang geheim gehaltene Liste mit Lobbyvertretern veröffentlichen, denen sie Zugang zum Parlament gewährt. Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Bundestagsverwaltung auf eine Eilklage des Tagesspiegels dazu verpflichtet, die gesamte Liste offen zu legen. Das aktuelle und dringende Interesse der Presse an den Auskünften überwiege das Interesse von Fraktionen und Verbänden an Vertraulichkeit, entschieden die Richter (Az. 27 L 126.15). Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, nähere Informationen zum "Einfluss betroffener Interessenvertreter, vor allem solcher privatwirtschaftlicher Unternehmen, auf Abgeordnete des Bundestags und damit auf die politische Willensbildung" zu erhalten. Wähler müssten sich über diesen Aspekt ein Urteil bilden können, hieß es.

Der  Beschluss ist sofort vollziehbar. Der Bundestag will die Vollziehung aber noch stoppen und hat Beschwerde erhoben. Darüber will das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) in den nächsten Wochen abschließend entscheiden. Gibt auch das OVG dem Eilantrag statt, kann der Bundestag die Herausgabe der Daten nicht mehr verhindern.

Der Bundestag vergibt jährlich rund 2000 so genannter Hausausweise an Vertreter von Firmen und Verbänden, die jederzeit Zugang zu den Bundestagsgebäuden erlauben. Der Transparenz-Blog "abgeordnetenwatch.de" hatte im vergangenen Jahr herausgefunden, dass es neben dem offiziellen Weg über das amtliche Lobbyregister noch einen zweiten, geheimen Weg gibt, wie rund die Hälfte der Ausweise verteilt wird. Danach befürworten jeweils die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen den Zutritt für Interessenvertreter, die sie für wichtig halten. 

Die SPD veröffentlichte am Donnerstag ihre Liste, wonach die Fraktion den Zugang für Partei- und Stiftungsvertreter, aber auch für zahlreiche Firmen befürwortet hat. Zuvor hatten schon Grüne und Linke ihre Lobbyisten benannt. Die Union mauert jedoch noch.

"abgeordnetenwatch.de" hatte bereits im vergangenen Jahr eine Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhoben, der das Berliner Verwaltungsgericht im Sommer in erster Instanz stattgab. Ende Juli legte der Bundestag Berufung ein, weshalb der Rechtsstreit noch Jahre dauern kann. Wegen des großen öffentlichen Interesses startete der Tagesspiegel parallel ein Eilverfahren.

Die SPD will ihre Offenlegung nun als "Zeichen der Transparenz" gewertet wissen und habe sich "freiwillig" dazu entschlossen, teilte die Fraktion mit. Tatsächlich aber dürfte der Druck mit dem Ende September ergangenen Eilbeschluss erheblich gewachsen sein. Zuvor fuhren die Koalitionsfraktionen einen klaren Kurs: Der Geheimweg für Hausausweise solle dauerhaft geheim bleiben. Diese Auffassung vertraten sie auch im Ältestenrat.

Tatsächlich geht es für den Bundestag um eine sensible Grundsatzfrage: Verwaltung und Koalitionsfraktionen meinen, weder nach dem IFG noch auf Anfragen der Presse zu Auskünften über parlamentarische Angelegenheiten verpflichtet zu sein. Auch die Erteilung der Hausausweise sei eine solche Angelegenheit, über die Abgeordnete freiwillig informieren könnten, dazu aber nicht gezwungen werden dürften.

Die Gerichte scheinen dabei aber nicht mitzumachen. So hält das Berliner Verwaltungsgericht in seinem Beschluss fest, dass auch Stellen der Legislative zu entsprechenden Angaben verpflichtet seien. Zudem hat es bereits geurteilt, dass der Bundestag auch über strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete informieren muss.  

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