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Khadija Ismayilova, aserbaidschanische Journalistin.

© Radio Free Europe/Radio Liberty

Urteil gegen Journalistin in Aserbaidschan: Siebeneinhalb Jahre Haft für Enthüllungen über Präsidentenfamilie

Khadija Ismayilova hat jahrelang die Geschäfte der Präsidentenfamilie in Baku aufgedeckt. Nun muss die mutigste Journalistin Aserbaidschans hinter Gitter.

Als ich Khadija Ismayilova vor drei Jahren in Baku zum ersten Mal traf, wünschte ich ihr zum Abschied alles Gute. Sie antwortete mit einem traurigen Lächeln: „Das ist in meinem Land ein sehr unrealistischer Wunsch.“ Damals war die investigative Journalistin mit heimlich in ihrem Schlafzimmer gemachten Aufnahmen erpresst worden. Die Botschaft lautete: Sollte sie mit ihren Recherchen weitermachen, würden die Fotos veröffentlicht. Doch aufgeben kam für Ismayilova nicht in Frage, einschüchtern ließ sie sich nicht. Sie enthüllte weiter, wie sich die Familie von Staatspräsident Ilham Alijew mit Hilfe undurchsichtiger Firmengeflechte bereicherte - ein Thema, an das sich im autoritär regierten Aserbaidschan keiner ihrer Kollegen heranwagte. Am Dienstag wurde die 39-jährige Journalistin in Baku zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Vor dem Urteil sagte die Journalistin, die bereits seit Dezember im Gefängnis sitzt: „Sie spähten mein Privatleben aus, aber das hat mich nicht gebrochen. Sie erpressten mich, aber ich habe mich nicht gebeugt. Jetzt werden mich auch 15 oder sogar 25 Jahre Haft nicht brechen.“ Die Staatsanwaltschaft warf der Mitarbeiterin des Senders Radio Free Europe/Radio Liberty Steuervergehen, Unterschlagung, Machtmissbrauch, und illegale Geschäftstätigkeit vor. Sogar Anstachelung eines Mannes zum Selbstmord wurde ihr zur Last gelegt, in diesem Punkt sprach das Gericht sie frei. Ismayilova wies alle Vorwürfe als unbegründet und absurd zurück. Beobachter halten das Verfahren für politisch motiviert. In Aserbaidschan sitzen derzeit zahlreiche Menschenrechtler, Oppositionelle und Journalisten hinter Gittern, das Regime hat die Repressionen in den vergangenen zwei Jahren verstärkt. Ismayilova ist wegen ihrer Recherchen über Korruption und die Geschäfte der Alijew-Familie eine der wichtigsten Gegnerinnen des Regimes geworden.

Ihre Zeit im Gefängnis will die Journalistin nutzen, sich mit Missständen im  aserbaidschanischen Strafvollzug zu befassen. „Ich gehöre zu denen, die wissen, wie man aus einem Problem eine Chance macht. Aus den Steinen, mit denen man mich bewirft, werde ich Häuser bauen.“ Ihr letztes Wort konnte sie vor Gericht nicht vollständig verlesen. Als sie auf die Korruption in Aserbaidschan zu sprechen kam, wurde sie nach Angaben von Prozessbeobachtern unterbrochen.

Wichtig ist für Ismayilova vor allem, dass ihre Verurteilung und ihre Haft die Recherchen über Korruption und Machtmissbrauch in ihrem Land nicht stoppen. Diese Arbeit werde sie im Gefängnis zwar nicht fortführen können, sagte sie. Aber sie ist froh über die Initiative von 100 Journalisten aus der ganzen Welt, die ihre Recherchen über Korruption in Aserbaidschan nun gemeinsam fortsetzen. In ihrem letzten Wort in diesem Prozess heißt es: „Ich mag im Gefängnis sein, aber die Arbeit geht weiter.“

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