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Urteil: Hessen-Opposition vor Staatsgerichtshof erfolgreich

Mit einer Grundsatzentscheidung hat der hessische Staatsgerichtshof das monatelange Gezerre über Verfahrensfragen zwischen Landtagsmehrheit und Minderheit im Untersuchungsausschuss 18/1 beendet.

Seit Januar 2010 soll dieser Ausschuss eigentlich die umstrittene Zwangspensionierung von vier Steuerfahndern untersuchen, hat aber bis heute nicht einen einzigen Zeugen vernommen. Nach monatelanger Auseinandersetzung hatten SPD und Grüne den Staatsgerichtshof angerufen. Mit der Entscheidung bekamen sie weitgehend Recht. Ausdrücklich stärkt das hessische Verfassungsgericht nämlich die Rechte der parlamentarischen Minderheit. Den Regierungsparteien CDU und FDP bescheinigt das Gericht den verfassungswidrigen Versuch, "mit ausufernden Beweisanträgen" einen "Gegenangriff" gegen den Untersuchungsantrag der Opposition gestartet zu haben. Nach dem Urteil darf die Ausschussmehrheit indes nur Beweisanträge stellen, die in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsantrag der Minderheit stehen.

SPD, Grünen und Linken wollen in dem Ausschuss die Mobbingvorwürfe in der hessischen Steuerverwaltung untersuchen. Mindestens vier Steuerfahnder waren mit Hilfe zweifelhafter Gutachten in den Ruhestand geschickt worden, nachdem sie gegen eine Verfügung protestiert hatten; Nach ihrer Auffassung waren dadurch Steuersünder geschont worden. Die Gutachten - so hat es ein Berufsgericht festgestellt - waren vorsätzlich ohne die erforderliche Sorgfalt abgefasst worden. CDU und FDP wollten im Ausschuss dagegen allgemein die Organisation der gesamten hessischen Finanzverwaltung diskutieren, außerdem die bisherigen Kontakte zwischen Oppositionsabgeordneten und den Betroffenen ausleuchten.

Mit diesen Beweisanträgen hätten CDU und FDP die Rechte der Minderheit verletzt, stellt jetzt der Staatsgerichtshof klar. SPD, Grüne und Linkspartei begrüßten das Urteil. Das Gericht habe den verfassungswidrigen Versuch von CDU und FDP gestoppt, den Untersuchungsauftrag zu verwässern und zu verschleppen, sagte SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel. Auch CDU und FDP begrüßten das Urteil. Jetzt gebe es immerhin rechtliche Klarheit für das weitere Vorgehen, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Leif Blum, FDP. Mit Spannung wird jetzt die Vernehmung der vier ehemaligen Steuerfahnder erwartet. Alle vier haben zudem Zivilklage gegen das Land Hessen erhoben. Durch ihre Zwangspensionierung seien ihnen jeweils Einnahmen von mehreren Zehntausend Euro entgangen, erklärte ihr Anwalt Harald Nolte gegenüber dem Tagesspiegel; zusammen mit den fälligen Ruhestandsbezügen summierten sich die Schadensersatzansprüche bis zu einem Millionenbetrag.

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