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Kennzeichen-Scan

© ddp

Urteil: Kennzeichen-Massenscan verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat der millionenfachen Video-Erfassung von Autokennzeichen zum Fahndungsabgleich enge Grenzen gesetzt. Die Gesetze müssen klarer formuliert sein, entschied das Gericht. Bislang wurden die Schilder in acht Bundesländern gescannt.

Solch ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger ist nur auf Grundlage klarer Gesetze zulässig, entschied das Gericht am Dienstag in Karlsruhe. Zudem muss etwa auf der Suche nach einem gestohlenen Auto jeder sogenannte Nichttreffer sofort spurenlos gelöscht werden. Die Richter erklärten damit zwei Vorschriften aus Hessen und Schleswig-Holstein für nichtig, weil sie gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.

Dem Gerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier zufolge darf der Staat das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zwar beschränken. Aber je schwerer solch ein Eingriff ist, umso klarer und präziser muss auch die gesetzliche Grundlage sein, die die Polizei dazu ermächtigen soll. Laut Papier ist der Grundrechtseingriff vergleichsweise gering, wenn mit der Kennzeichenerfassung nur nach gestohlenen Autos oder etwa Versicherungsprellern gesucht und alle Nichttreffer sofort spurenlos gelöscht werden. Dient der Kennzeichenabgleich dagegen etwa der Observation oder soll mit ihm das Bewegungsverhalten eines Autofahrers ausgeforscht werden, muss das Gesetz entsprechend klar formuliert sein.

Verstoß gegen Verhältnismäßigkeit

Die beiden nun gekippten Landesregelungen nennen laut Papier aber weder den Anlass noch den Ermittlungszweck eines Datenabgleichs sondern verweisen nur allgemein auf den vagen Begriff des "Fahndungsbestandes". Was sich hinter dem Begriff verbirgt, bleibt dem Urteil zufolge unklar. Zudem verstoßen die Regelungen gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil sie eine Datenerfasssung auch ohne konkreten Anlass erlauben. Solch ein Grundrechtseingriff "ins Blaue hinein" ist von der Verfassung verboten, betonte Papier.

Kennzeichen werden inzwischen in Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein erfasst. Baden-Württemberg will eine entsprechende Regelung in Kürze auf den Weg bringen. Allein in Bayern werden nach Angaben des Freistaats fünf Millionen Nummernschilder im Monat gescannt und mit den rund 2,7 Millionen Daten der Fahndungsdateien abgeglichen. Doch der Erfolg der heftig umstrittenen Überwachung ist mit einer Trefferquote von 0,03 Promille höchst dürftig. (feh/AFP)  

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