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Urteil: Tod durch Brechmittel – Chef unbestraft

Ein mutmaßlicher Mitverantwortlicher des tödlichen Brechmitteleinsatzes von Ende 2004 in Bremen muss kein Strafverfahren mehr befürchten.

Bremen - Während der ausführende Arzt noch auf ein abschließendes Urteil wartet, bleibt sein Vorgesetzter endgültig unbehelligt. Eine Rolle spielt dabei auch eine verstrichene Verjährungsfrist.

Wie mehrfach berichtet, hatte ein Arzt im Polizeiauftrag einem mutmaßlichen Kleindealer Brechsirup und literweise Wasser in den Magen gepumpt, um verschluckte Kokainkügelchen als Beweismittel sicherzustellen. Dabei fiel der gefesselte 35-Jährige zunächst ins Koma und starb dann elf Tage später Anfang 2005. Der Arzt wurde zunächst freigesprochen, doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil im April 2010 wieder auf und verwies den Fall an eine andere Bremer Strafkammer zurück. Das BGH-Urteil erwähnte auch eine „Nebentäterschaft“ der Organisatoren, die den sichtlich überforderten Arzt eingesetzt hatten. Die Bremer Staatsanwaltschaft prüfte daraufhin, ob sie auch gegen den Chef des Arztes ermitteln müsste. Er leitet die städtische Rechtsmedizin und nebenbei auch jenen privatisierten „Ärztlichen Beweismittelsicherungsdienst“ (ÄBD), der für die Polizei solche Brechmitteleinsätze übernimmt. Die Strafermittler kamen jetzt aber zu dem Schluss, dass dem ÄBD-Chef allenfalls Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könnte, und die sei nach fünf Jahren verjährt.

Aber auch Fahrlässigkeit liege wohl nicht vor, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Das habe die Anklagebehörde schon nach dem Todesfall geprüft und verneint. Der BGH vermutete dagegen bei den Organisatoren des Einsatzes einen „deutlich höheren Schuldgehalt“ als beim ausführenden Arzt und möchte dies als mildernden Umstand beim neuerlichen Prozessdurchgang gewertet wissen. Der Arzt war offenbar erstmals bei der Zwangsvergabe von Brechmitteln eingesetzt, der BGH hielt ihn für nicht kompetent genug. Nach dem tödlichen Einsatz stoppte Bremens Innenbehörde die Zwangsvergabe von Brechmitteln.

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