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Elf Mal grün, zehn Kandidatinnen und Kandidaten: Werner Winkler, Jürgen Trittin, Katrin Göring-Eckardt, Franz Spitzenberger, die Gastgeberin und Landesvorsitzende Anja Piel, Roger Kuchenreuther, Renate Künast, Patrick Held, Claudia Roth, Peter Zimmer und Thomas Austermann beim ersten Urwahlforum am Freitag in Hannover.

© dpa

Update

Urwahl bei den Grünen: Aus zwölf mach zwei

In Hannover und Berlin haben sich die ersten Bewerber um die grüne Spitzenkandidatur innerparteilich präsentiert.

Von Sabine Beikler

Werner Winkler hat drei „starke Argumente“, wie er sagt, um als Spitzenkandidat die Grünen in den Bundestagswahlkampf 2013 zu führen. „Claudia Roth ist eine gute Parteivorsitzende. Das soll sie auch bleiben“, sagte er auf dem Urwahlforum der Brandenburger und Berliner Grünen am Sonntagabend in der Berliner Kalkscheune in Mitte. Katrin Göring-Eckardt sei eine gute Bundestagsvizepräsidentin, und Jürgen Trittin habe schon jetzt so viel zu tun, dass er nicht auch noch Spitzenkandidat werden könne. „Ich würde es gern mit Renate Künast machen“, sagte der 48-jährige Ortsverbandsvorsitzende aus Waiblingen vor den 350 Grünen-Mitgliedern. Warum er sich die Kombination Winkler-Küanst als „tolles Flügel-Duo“ vorstellen könne, erklärte er mit den Worten: „Sie kann besser reden, ich habe die besseren Ideen.“ Da hatte der Schwabe die Lacher auf seiner Seite.

Berlin war nach Hannover am Freitag das zweite Urwahlforum, auf dem sich die Bewerber für das Spitzenduo vorstellten. In Hannover traten zehn Kandidaten an, in Berlin waren es zwölf von insgesamt 15 Kandidaten. Ohne Winkler hätte es den begonnenen Reigen der elf Regionalkonferenzen gar nicht gegeben: Der Schwabe, Kalligraph und Coach, hatte mit seiner Kandidatur erzwungen, dass sich die Parteiprofis der Urwahl stellen müssen.

Natürlich waren die Prominenten nach der ersten Runde in Hannover auch in Berlin anwesend: Parteichefin Claudia Roth, die Fraktionschefs Jürgen Trittin und Renate Künast sowie die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Zwei Minuten Redezeit hatten die Moderatoren, der Berliner Landeschef Daniel Wesener und seine Brandenburger Amtskollegen Annalena Baerbock, den Kandidaten eingeräumt. Das erste Mal stellte sich der junge Politik-Student Nico Hybberneth aus Wiesbaden vor. Grüne Politik sei zwar mehrheitsfähig geworden. „Aber wir stagnieren“, sagte der 22-Jährige. Die Grünen hätten „zu wenig Identifikationspotenzial“. Die Partei werde als spießig angesehen. Den Grünen würden „neue junge Gesichter mit neuen Ideen“ fehlen. Deshalb trete er an. „Jede Stimme für mich ist eine Stimme für den Generationenwechsel“, sagte Hybberneth und erhielt dafür anerkennenden Applaus.

Die Politprofis Roth, Künast, Trittin und Göring-Eckardt traten routiniert auf. Trittin, der sich in der Urwahl gegen elf männliche Bewerber durchsetzen muss, hakte seine Themenschwerpunkte ab: Finanzen, Vermögensabgabe für Millionäre, mehr Teilhabe und Gerechtigkeit, keine Ausweitung von Minijobs und natürlich die Attacke gegen Schwarz-Gelb. Im Zweifelsfall müse man sich auch gegen starke Lobby-Interessen durchsetzen und sprach von dem Dosenpfand, das er als Bundesumweltminister eingeführt hatte, und von sich als „DJ Dosenpfand“, der vor Jahren in der Kalkscheune Musik aufgelegt hatte.

Auch die drei gegeneinander antretenden Grünen-Politikerinnen stellten ihr Thementableau vor. Göring-Eckardt wiederholte nach Hannover auch in Berlin ihre drei politischen Leitlinien: „Wir sind die Wir-Partei“, sagte sie und meinte damit Solidarität mit den Schwachen in der Gesellschaft. „Wir sind die Dafür-Partei“, ergänzte sie und bezog das auf Energiewende und das Eintreten für eine Frauenquote. „Wir sind die Hier-Partei“, beendete sie ihre Aufzählung und meinte die Präsenz der Grünen im „Hier und Heute“.

Die Ex-Verbraucherschutzministerin Künast stellte sich mit den Worten „Ich bin die Renate“ vor. Sie trete für die Energiewende und für ein demokratisches Multikulti ein, kämpfe gegen Rechtsextremismus, für die Gleichstellung von Mann und Frau und eine moderne Infrastruktur in der Wirtschaft. Der ehemalige Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner habe sie mal als „Königin der Legehennen“ bezeichnet. „Das reicht mir nicht“, sagte Künast, „ich will als Spitzenkandidatin mit Euch Schwarz-Gelb ablösen“.

Auch Parteichefin Roth erklärte ihre Vision für grüner Politik. Angriffslustig, europäisch und nicht technokratisch sei ihre Politik. Die Palette gehe von Bankenregulierung, Steuerpolitik bis hin zur Kritik an der Aussage von Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), die Integration sei gescheitert. „Ja, ich möchte nerven“, sagte Roth. Die Zukunft liege in Rot-Grün statt in einem Stillstand in einer großen Koalition.

Die Kandidaten werden sich die kommenden Wochen auf den Urwahlforen vorstellen. Vom 8. Oktober an werden die Wahlunterlagen an die Basis verschickt. Bis zum 30. Oktober können die rund 59 300 Parteimitglieder die Wahlzettel einreichen. Jedes Mitglied hat zwei Stimmen, wobei nicht zwei Stimmen auf zwei männlichen Kandidaten fallen und nicht beide Stimmen für ein und dieselbe Person abgegeben werden dürfen. Die Basis kann sich zwischen zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau entscheiden. Das Ergebnis der Urwahl soll am 10. November feststehen – genau eine Woche vor dem Bundesparteitag der Grünen in Hannover.

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