zum Hauptinhalt
Unter Präsident Donald Trump ziehen die USA sich in sich selbst zurück.

© Alex Edelman/Imago/Zuma Press

US-Außenpolitik unter Trump: Das Ende aller Täuschungen

Wer im Westen gehofft hatte, es würde unter Trump schon nicht so schlimm, hat sich geirrt. Auch die Optimisten sollten aufwachen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Die Wahrheit kann ziemlich wehtun. Besonders wenn sie als Enttäuschung daherkommt, als das Ende einer Selbsttäuschung. So einer Selbsttäuschung ist der Westen erlegen. Er hat sich gegen alle Zweifel eingeredet, dass das mit diesem neuen US-Präsidenten schon nicht so schlimm werden wird wie befürchtet. Dass Donald Trump sein Land nicht aus der Wertegemeinschaft herauslösen will, auch wenn seine Tweets meist so klingen.

Denn, so sprach sich der Westen immer wieder selbst Mut zu: Um den erratischen und unbeherrschten Präsidenten herum gebe es ja genügend „Erwachsene“, die schon aufpassten, dass nichts Schlimmes passiert.

Es ist anders gekommen.

Auch Verteidigungsminister Mattis wollte nicht mehr

Mit Verteidigungsminister James Mattis kehrt der letzte „Erwachsene“ der US-Regierung den Rücken. Er will nicht mehr seinen Anteil daran haben, wenn der Präsident Verbündete vor den Kopf stößt, die Nähe autoritärer Regime sucht und Entscheidungen über Krieg und Frieden im Alleingang und aus einer Laune heraus trifft, Entscheidungen, die der General Mattis für grundfalsch und gefährlich hält.

Amerika ist Ende 2018 ein Land, das sich aus der Nachkriegsordnung verabschiedet, in der es seit 1945 mal mehr, mal weniger willig stets eine Führungsrolle eingenommen und für Stabilität gesorgt hat. Unter Trump soll Schluss damit sein, das hat er von Anfang an gesagt.

Die USA ziehen sich in sich selbst zurück. Und, da sollten sich die Europäer keine allzu großen Illusionen machen: Vielen Amerikanern gefällt das. Sie haben genug von der Rolle als ungeliebter Weltpolizist, von den Särgen ihrer Söhne, Töchter, Ehefrauen und Ehemänner, die aus den entferntesten Winkeln der Erde heimgeschickt werden.

Was ist die Nato ohne die USA?

Alleine in Afghanistan sind seit dem Einmarsch der US-Armee zwei Monate nach 9/11 mehr als 2400 Soldaten ums Leben gekommen – in einem seit 17 Jahren andauernden Kriegseinsatz, den heute kaum mehr einer überzeugend begründen kann.

Zurück bleiben Amerikas einstige Alliierte, die noch gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. Die so abrupt über Nacht Verlassenen versuchen, sich gegenseitig Mut zuzusprechen. Europa müsse sich jetzt mehr auf die eigenen Stärken besinnen, erwachsen werden, heißt es einmal mehr, so ein Weckruf könne ja auch Vorteile haben. Kann er, bestimmt.

Nur: Was ist die Nato ohne die USA? Noch kämpft die europäische Armee, die die große Lücke füllen soll, die die Amerikaner hinterlassen würden, nur auf dem Papier, das allerdings auch schon seit fast 70 Jahren.

Zu tief sind die Verwerfungen innerhalb des Landes

Der Schmerz aus der Enttäuschung über das Trumpsche Amerika wird irgendwann weichen. Wenn dann im Ergebnis eine selbstbewusstere und einigere EU stehen würde, wäre das eine gute Nachricht. Auch wenn es beim Blick auf die Probleme der einzelnen EU-Staaten und ganz besonders das Brexit-verstörte Großbritannien derzeit schwer fällt, daran zu glauben. Die Alternative ist die Hoffnung, dass die Ära Trump schnell vorbei geht und Amerika danach wieder ganz „die Alte“ wird. Doch auch das könnte eine Täuschung sein.

Zu tief sind die Verwerfungen innerhalb des Landes. Das zeigt gerade der erbitterte Streit über den „Shutdown“, der ahnen lässt, was droht, wenn die Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit stellen: ein zunehmend unter Druck stehender Präsident, der noch dickköpfiger, noch launenhafter wird. Auch für die Optimisten wird es Zeit aufzuwachen.

Zur Startseite