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US-Kongress: Demokraten versagen Gefolgschaft

Wenige Tage nach ihrem überzeugenden Wahlsieg haben die US-Demokraten ihrer künftigen Parlamentschefin Nancy Pelosi eine innerparteiliche Niederlage zugefügt.

Washington - Bei einer Abstimmung über den künftigen Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Repräsentantenhaus ließen die Abgeordneten den von Pelosi favorisierten Kandidaten klar durchfallen und wählten stattdessen ihren innerparteilichen Rivalen Steny Hoyer. Hoyer erhielt 149 Stimmen, der Pelosi-Vertraute Jack Murtha kam nur auf 86 Stimmen. Zuvor hatte die Fraktion Pelosi einmütig als Parlamentschefin nominiert. Sie wird die erste Frau im dritthöchsten Staatsamt der USA sein.

Pelosi und Hoyer kündigten nach der Abstimmung an, eng zusammenzuarbeiten und eine Kursänderung in der US-Politik vorzunehmen. Gleichwohl wurde Hoyers Sieg als Dämpfer für Pelosi und als Beleg für die mangelnde Geschlossenheit der künftigen demokratischen Mehrheitsfraktion gewertet. Das Verhältnis zwischen Hoyer und Pelosi gilt als gespannt, seit er der Abgeordneten vor vier Jahren bei der Wahl zum Chef der damals in der Opposition befindlichen Fraktion unterlegen war. Seitdem war Hoyer als Geschäftsführer die Nummer zwei der Fraktion. Viele Abgeordnete sahen es als selbstverständlich an, dass Hoyer nach dem Wahlsieg automatisch zum Fraktionschef aufrücken würde.

Verärgerung über Unterstützung von Murtha

Dass Pelosi Anfang der Woche überraschend die Gegenkandidatur ihres loyalen Gefolgsmanns Murtha unterstützte, hatte viele Abgeordnete verärgert. Murtha zählt zu Pelosis engstem Beraterkreis. Kritiker halten dem Wehrexperten Verflechtungen zwischen politischen und geschäftlichen Interessen vor. Unter anderem soll er Parteispendern lukrative Aufträge zugeschanzt haben. Die unabhängige Ethik-Gruppe "Citizens for Responsibility and Ethics" stuft Murtha als eines der Kongressmitglieder ein, die "am wenigsten den ethischen Standards entsprechen". Pelosi zählt zum linken Parteiflügel, Hoyer wird zur Mitte gezählt.

Am Vormittag hatte die demokratische Fraktion die 66-jährige Pelosi einmütig als nächste Chefin des Repräsentantenhauses nominiert. Auf eine Abstimmung sei verzichtet worden, teilte die Partei mit; die Nominierung sei per Akklamation erfolgt. Ihr Amt wird Pelosi erst nach der Konstituierung des neuen Kongresses im Januar antreten. Die Abgeordnete des Wahlkreises San Francisco hatte vier Jahre lang die Oppositionsfraktion der Demokraten im Repräsentantenhaus geführt.

Nach der schweren Niederlage der Republikaner von US-Präsident George W. Bush bei der Kongresswahl in der vergangenen Woche werden die Demokraten künftig in Repräsentantenhaus und Senat die Mehrheit stellen. Dies wird ihnen ein Mitspracherecht in der Politik sichern und dem Präsidenten politische Zugeständnisse abverlangen. (tso/AFP)

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