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US-Kongress: Republikanern droht Niederlage

In den letzten Tagen vor der Kongresswahl in den USA setzen die Demokraten auf ihre schärfste Wahlkampfwaffe: Präsident George W. Bush. Gesucht wird ein Ausweg aus dem Labyrinth Irak.

Washington - Die täglichen Schreckensmeldungen aus dem Irak liefern der Oppositionspartei Munition. Sie will die Abstimmung über das US-Parlament am kommenden Dienstag zu einem Referendum über Bush und seine unpopuläre Irak-Politik machen. Die Präsidentenmaschine Air Force One bleibt in diesem Wahlkampfendspurt öfters am Boden, weil sich viele republikanische Kandidaten nicht an der Seite ihres Parteifreunds Bush zeigen wollen. Die Überlegungen für die Zeit nach dem möglichen Ende der republikanischen Alleinherrschaft im Kongress haben begonnen.

Ein Opfer scheint schon festzustehen, bevor die Wähler ihr Urteil abgegeben haben: das außenpolitische Vermächtnis des Präsidenten, der als Befreier des Nahen Ostens in die Geschichtsbücher eingehen wollte und es nun mit einem Krieg zu tun hat. Um Bush ist es einsam geworden. Unbeirrt verteidigt er den Einsatz, aber manchmal scheint es, als ob keiner richtig hinhört. Der republikanische Senator John W. Warner resümierte nach seiner Irak-Reise: "Die Dinge treiben ab." Bushs Vertraute aus Texas, die Senatorin Kay Bailey Hutchinson, bedauerte öffentlich ihre Stimme für die Irak-Invasion. Und zum Erschrecken der republikanischen Wahlkampfstrategen machte sich der Irak-Kommandeur General George Casey öffentlich Gedanken über eine Verstärkung der US-Truppen.

Misserfolg im Irak

Gerade die Zahl der stationierten Soldaten ist für viele in den USA die Maßeinheit für Erfolg und Misserfolg im Irak. Nach einigem Auf und Ab ist dieses Problem-Barometer wieder am Steigen: Inzwischen stehen laut Pentagon 150.000 US-Soldaten im Irak. Im Juni waren es 127.000 gewesen, und noch zum Jahreswechsel hatte die US-Regierung vorsichtig eine baldige Reduzierung in Aussicht gestellt. Auch der Blutzoll der Truppen steigt. Im Oktober wurden mehr als 100 US-Soldaten getötet. Die Zahlen bringen republikanische Kongress-Kandidaten in Erklärungsnot.

Äußerlich unbeeindruckt von den Rückschlägen stellt Bush Siegesgewissheit zur Schau. "Die Demokraten wollen aus dem Irak abhauen, die Republikaner wollen im Irak gewinnen", ist einer der Standardsätze aus seinen Wahlkampfreden. Bei den Wählern findet er damit wenig Widerhall. Zwei Drittel sehen den Einsatz laut Umfragen als Fehlschlag an. Bei der Kongresswahl droht den Republikanern nicht zuletzt deshalb eine schwere Schlappe. Die Debatte um den besten Ausweg aus der Irak-Bredouille hat die Partei des Präsidenten erreicht.

Baker: Irak befindet sich in einem "verdammten Schlamassel"

Viele Hoffnungen richten sich auf die Empfehlungen, die eine überparteiliche Expertenkommission unter Ko-Leitung des Ex-Außenministers James Baker nach der Wahl vorlegen soll. Der langjährige Vertraute der Familie Bush könnte empfehlen, von den hoch gesteckten Zielen im Irak abzurücken und anstelle einer exemplarischen Demokratisierung des Irak nur noch auf eine halbwegs tragbare Stabilisierung abzuzielen. Möglicherweise könnte die Kommission auch den Vorschlag führender Demokraten aufgreifen, einen Zeitplan für einen etappenweisen Abzug der US-Truppen aufzustellen.

Keine leichte Aufgabe für Baker: Die BBC zitierte den Republikaner kürzlich mit den Worten, dass er die USA im Irak in einem "verdammten Schlamassel" sieht. So wie die meisten Demokraten wird auch Baker nicht wagen, den letzten Schritt zu tun: öffentlich zu verkünden, dass der Einsatz verloren sein könnte. Angesichts von mehr als 2800 getöteten US-Soldaten ist in der US-Politik derzeit noch niemand in Sicht, der eine solche Botschaft vertreten würde. (tso/AFP)

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