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US-Präsident Barack Obama empfängt Anfang der Woche Kanzlerin Angela Merkel zum Besuch in Washington. Vorher gab er dem Tagesspiegel noch ein Interview.

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US-Präsident exklusiv: Barack Obama fordert mehr deutsches Engagement in Libyen

Im Interview mit dem Tagesspiegel, dem ersten des US-Präsidenten mit einem deutschen Medium, spricht Barack Obama über den Nato-Einsatz in Libyen, sein Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel und die vorbildliche deutsche Umweltpolitik.

Der amerikanische Präsident Barack Obama wird Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Washington am Montag und Dienstag um ein stärkeres deutsches Engagement zur Unterstützung des Machtwechsels in Libyen bitten. „Ich freue mich auf die Diskussion mit der Kanzlerin, wie wir gemeinsam noch mehr tun können, um effektiver auf die Veränderungen in der Region zu reagieren, inklusive Libyen“, kündigte Obama im Interview mit dem "Tagesspiegel" an.

Es ist das erste Interview, das der Präsident einem deutschen Medium gegeben hat. Obama berief sich in dem Gespräch auch ausdrücklich auf das Merkel-Zitat: „Freiheit kommt nicht von selbst. Für Freiheit muss man jeden Tag kämpfen und sie aufs Neue verteidigen.“ Er lobte Deutschland dafür, dass es die Nato-Operation gegen Diktator Muammar al-Gaddafi schon jetzt indirekt militärisch unterstütze. Die Menschen in Libyen, Ägypten und anderen Staaten Nordafrikas verdienten die entschlossene Hilfe Deutschlands und Amerikas. Er wisse zwar, dass „der Nahe Osten und Nordafrika vor vielen Herausforderungen stehen. Solche Übergänge sind nicht einfach und brauchen ihre Zeit.“

Das sei aber kein Grund zur Zurückhaltung, betonte Obama. „Der Mangel an demokratischer Erfahrung in der Region bedeutet nicht, dass der Wunsch der Völker dort nach Freiheit weniger Wert hat oder in geringerem Maß unsere Unterstützung verdient.“ Als Vorbild nannte er die Wende von 1989 in Europa. „1989 hat Deutschland den Weg zur Freiheit für die Länder des früheren Warschauer Pakts geebnet. Zwei Jahrzehnte später dient es als Beweis, dass Demokratie diejenigen belohnt, die zu harter Arbeit und zu Opfern bereit sind. Deutschland sei zudem "bereits eine globale Führungsmacht.“ Auch damals habe es Skepsis gegeben. Die demokratische Entwicklung in ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten sei „eine gute Lehre für uns alle“.

Obama hat Vertrauen zu Merkel, stellt aber Forderungen

Angela Merkel ist für den amerikanischen Präsidenten eine "gute Freundin" und einer "der engsten Partner in der Welt" gelobt. „Ich kann ihr vertrauen, wenn sie eine Zusage macht“. Obama wird Merkel bei einem Staatsdinner die Freiheitsmedaille überreichen, den höchsten zivilen Orden der USA. „Ich berate mich bei jeder wichtigen Frage auf meiner internationalen Agenda mit der Kanzlerin, und ich schätze ihren Pragmatismus und ihre offenen Worte sehr. Wir sind nicht immer einer Meinung“, aber „wir sprechen stets ehrlich und offen miteinander, wie enge Freunde das tun sollen", sagte er. Und: „Ihre Lebensgeschichte ist eine Inspiration für mich persönlich, für meine amerikanischen Mitbürger und für Menschen rund um die Erde.“

Als Beispiel für Meinungsverschiedenheiten nannte Obama unterschiedliche Strategien gegen die Folgen der Finanzkrise. Die USA setzen stärker auf Konjunkturankurbelung, Deutschland auf einen Abbau der Haushaltsdefizite. „Mir ist bewusst, dass wir ganz unterschiedliche historische Erfahrungen haben, aus denen wir unsere Politik ableiten. Amerika ist geprägt von der Erinnerung an die hohe Arbeitslosigkeit während der Depression in den 1930er Jahren, in Deutschland hat die hohe Inflation Narben hinterlassen“, erklärte der Präsident.  

Deutsche Energiepolitik Vorbild für Amerika

Die Umwelt- und Energiepolitik Deutschlands lobt Obama als vorbildlich. "Von Deutschland können wir manches darüber lernen, wie mehr Umweltfreundlichkeit zugleich zu mehr Wachstum führen kann". Viele deutsche Unternehmen hätten "kreative Wege gefunden, wie sie in einer sich rapide verändernden Weltwirtschaft wachsen können – mit einem Schwerpunkt auf ‚grünen Jobs’ und neuen Technologien. Darauf konzentrieren auch wir uns in den USA", sagte Obama. (Tsp)

Das Weiße Haus entschied sich, das erste Interview des Präsidenten für das deutsche Publikum dem Tagesspiegel-Korrespondenten Christoph von Marschall zu geben. Er begleitet Barack Obamas Weg seit 2007 und hat eine Biographie über ihn geschrieben. Das Interview wurde, wie fast alle Interviews des Präsidenten für ausländische Zeitungen, schriftlich geführt. Das vollständige Interview erscheint am Montag in der gedruckten Ausgabe des Tagesspiegels.

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