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Politik: US-Republikaner: George W. Bush hatte selbst für die Gegner keine harten Worte

Es ist leicht, sich über den Wahlparteitag der Republikaner lustig zu machen. Der Präsidentschaftskandidat, George W.

Es ist leicht, sich über den Wahlparteitag der Republikaner lustig zu machen. Der Präsidentschaftskandidat, George W. Bush, steht längst fest, sein Vize, Dick Cheney, ebenso, und auch das Parteiprogramm ist vorher zurechtgebogen worden. Warum besuchen dann trotzdem sogar deutsche Politiker die Convention? "Weil auch bei uns Parteitage immer stärker auf ihre Außenwirkung hin strukturiert werden und eher Image projezieren sollen, denn interne Diskussionen führen", antwortet Guido Westerwelle, der FDP-Generalsekretär auf dem Weg nach Philadelphia.

Inszenierung statt Spannung - das war nicht immer so. 1976, ebenfalls bei den Republikanern, gelang es Ronald Reagan beinahe, dem amtierenden Präsidenten Gerald Ford die Kandidatur zu entreißen. 1968, bei den Demokraten in Chicago, prallten kurz nach dem Mord an Robert Kennedy Vizepräsident Hubert Humphrey und Senator Eugene McCarthy aufeinander. Ersterer hatte die Partei-Hierarchie hinter sich, letzterer die Voten der Vorwahlen. Damals bestimmten Parteigremien noch die meisten Delegierten, und Humphrey siegte, nur um dann gegen Richard Nixon die Wahl zu verlieren.

Franklin D. Roosevelt hat überhaupt erst den Brauch eingeführt, dass der Nominierte höchstselbst sich die Ehre gibt. Heutzutage kann man mit dem Rechenschieber ermitteln, wen die Parteien nominieren werden. "Super-Delegierte", die nicht von den Wählern entsandt werden, gibt es zwar noch, entscheidend sind sie indes nicht mehr. So besteht an einem Ergebnis der Convention kein Zweifel: Am Donnerstag abend wird der texanische Gouverneur im Triumph einziehen und in seiner Dankesrede erklären, wie er Amerika zu führen beabsichtigt. Dann ist der 50 Millionen Dollar teure Parteitag vorbei, und die Delegierten dürfen ebenso nach Hause reisen wie die Zehntausenden Gegendemonstranten, die auf den Straßen für mehr Spannung sorgen wollen, als drinnen herrscht.

Eben weil es um Außenwirkung geht, sind Conventions interessant. Sie zeigen am besten, wie die Parteien gesehen werden wollen. Für politikferne Amerikaner ist dies das erste Mal, dass sie auf die Präsidentschaftswahl am 7. November aufmerksam werden. Die Republikaner haben deshalb für ihr Fernsehspektakel Abschied von vielen Gewohnheiten der 90-er Jahre genommen.

Es fehlt der Abend, der den Attacken auf die gegnerischen Demokraten gewidmet war. Es fehlen Auftritte der religiösen Rechten. Stattdessen werden mehr Frauen zu Wort kommen als je zuvor. Am Montagabend wollen Bushs Frau Laura und Ex-Generalstabschef Colin Powell über die Bildungspolitik sprechen. Powell leitet heute eine wohltätige Stiftung zur Förderung benachteiligter Kinder, Laura Bush ist gelernte Lehrerin. Am Dienstagabend soll die Verteidigungspolitik im Mittelpunkt stehen. Condoleezza Rice, eine schwarze Professorin aus Kalifornien und Bushs Sicherheitsberaterin, Elizabeth Dole, Bushs Vorwahl-Konkurrentin, und Senator John McCain, sein ärgster Widersacher, sollen die Haupt-Redner sein. Nach zwei Abenden haben die 30 000 Delegierten und Parteifunktionäre dann bereits drei Frauen und zwei Schwarze als Gesicht der "neuen Republikaner" gesehen. Genau das macht das Image der "Inclusiveness" aus, von dem Bush unablässig redet.

Der Mittwoch ist der Wirtschaftspolitik gewidmet. Hauptredner ist Vize-Kandidat Cheney, der einen Höchststeuersatz von 33 Prozent verlangen wird. Donnerstag ist Bushs Tag. "Prosperity with a Purpose", "Wohlstand mit einem Zweck", ist das Leitmotiv der Veranstaltung. Lawrence Lindsey, Bushs Innenpolitik-Berater, meint auf die Frage, ob Amerika denn unter Clinton/Gore nicht prosperiert habe: "Natürlich boomt der Aktienmarkt. Aber sind unsere Schulen dadurch besser geworden? Ich glaube nicht!"

Der Zweck des Wohlstands, das richtige Investieren der Etat-Überschüsse, eine Stärkung von Gemeinschaftssinn, Verantwortungsgefühl und Moral - das ist, wo Bush den Kern seiner Botschaft eines "Konservatismus mit Herz" sieht. Das Parteiprogramm ist entsprechend entschärft worden. Die Reste dessen, was Ex-Repräsentantenhaus-Sprecher Newt Gingrich als "revolutionären Konservatismus" seiner Partei verordnet hatte, sind getilgt. Die Republikaner verlangen nicht länger die Abschaffung des Bundes-Bildungsministeriums, sondern bejahen jetzt Washingtons Rolle bei der Steuerung von Erziehung.

Ausradiert wurde auch die Forderung, Englisch als offizielle Landessprache zu kodifizieren. Als "größte Änderung seit 12 Jahren" bezeichnet der Kolumnist Paul Gigot den Umstand, dass die Republikaner Immigranten jetzt ausdrücklich als Bereicherung willkommen heißen. Unverändert blieb im Parteiprogramm dagegen die strikte Ablehnung jeder Abtreibung - auch bei Inzest, Vergewaltigung oder Gefahr für das Leben der Mutter. Bush bejaht Ausnahmeregelungen für diese drei Fälle.

Andy Card ist Chef des Organisations-Komittees für Philadelphia. Er verspricht "ganz viel Musik, und kein böses Herziehen über die Demokraten". Die inszenierten Parteitage sind einem bizarren Widerspruch zum Opfer gefallen: Sie sind zum konfliktlosen Fernsehspektakel geworden - und haben dadurch so viel an Spannung verloren, dass keiner mehr den Fernseher anstellt. So muss denn alles, glaubt Card, noch unterhaltsamer werden. "Falls Sie beim letzten Mal nicht eingeschaltet haben, tun Sie es diesmal", rät er Amerika. "Sie werden richtig viel Spaß haben."

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