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Politik: US-Senat: Von jetzt an regieren die Demokraten mit

Das gab es noch nie: Ein amerikanischer Senator verlässt seine Partei und verändert damit fundamental die Machtverhältnisse. Nach nur vier Monaten im Amt hat die Regierung von US-Präsident George W.

Das gab es noch nie: Ein amerikanischer Senator verlässt seine Partei und verändert damit fundamental die Machtverhältnisse. Nach nur vier Monaten im Amt hat die Regierung von US-Präsident George W. Bush am Donnerstag ihre Mehrheit im Senat verloren. Der moderate Senator James Jeffords aus dem Bundesstaat Vermont, der sein Leben lang Mitglied der Republikanischen Partei war, kündigte an, er werde sein Mandat künftig als Unabhängiger wahrnehmen. Die Motive sind einerseits ideologischer Natur, andererseits aber fühlte sich Jeffords persönlich durch das Weiße Haus gedemütigt. Zum Schluss war das Fass übergelaufen.

Bis zur letzten Minute hatten Parteifreunde versucht, Jeffords noch umzustimmen. Teils hektisch, teils panisch wurden ihm hohe Posten angeboten sowie mehr Geld für die von ihm unterstützten Programme. Am Dienstag redeten Bush und Vizepräsident Dick Cheney auf den Abtrünnigen ein, am Mittwoch trafen sich insgesamt elf weitere Republikaner mit dem 67-jährigen Polit-Veteranen, der dem Kongress bereits mehr als ein Vierteljahrhundert angehört. Selbst Vater Bush schaltete sich ein. Doch die späte Liebesmüh war vergebens.

Innerhalb der Grand Old Party (GOP) war Jeffords schon immer ein Außenseiter. Kein Republikaner hat so oft wie er mit den Demokraten gestimmt. Als einziger Konservativer wandte er sich 1981 gegen das Steuererleichterungsprogramm von Ronald Reagan, in der Gesundheitspolitik stand er 1994 auf Bill Clintons Seite, er stimmte 1999 auch gegen das Amtsenthebungsverfahren, das die Republikaner gegen Clinton angestrengt hatten. Außerdem unterstützte er liberale Anti-Diskriminierungsgesetze, ist für das Recht auf Abtreibung und eine Verschärfung des Rechts auf Waffenbesitz.

Mit der neuen Bush-Regierung lag Jeffords von Anfang an über Kreuz. Er stimmte gegen die ursprünglich geplante 1,6 Billionen Dollar umfassende Steuererleichterung und bekämpfte das Bildungsprogramm sowie die Umweltpolitik. Für seine Aufmüpfigkeit bestrafte ihn leichtsinnigerweise das Weiße Haus. Als zum Beispiel vor wenigen Wochen eine Frau aus Vermont zur Lehrerin des Jahres gekürt wurde, war Jeffords - der Senator aus Vermont, der zudem der Vorsitzende des Erziehungskomitees ist - zu der Zeremonie demonstrativ nicht eingeladen worden. Jeffords stichelte fortgesetzt gegen seine Partei, die wiederum stichelte zurück, bis die schleichende Entfremdung schließlich im Bruch endete.

Für Jeffords allerdings ist die Entwicklung weit weniger gravierend als für die amerikanische Regierung. In Vermont werden unabhängige Köpfe geschätzt, die erstaunliche Popularität des Senators wird durch seine Entscheidung kaum geschmälert. Die Bush-Regierung jedoch wird sich komplett umstellen müssen. Zum ersten Mal seit 1994 übernehmen jetzt die Demokraten wieder den Senat und damit den Vorsitz in den Ausschüssen, Fraktionsführer Tom Daschle wiederum - der eigene Präsidentschaftsambitionen hat - steigt zum Mehrheitsführer auf. Damit sind unter anderem größere Befugnisse im Gesetzgebungsverfahren verbunden. Gefährdet sind nun vor allem die Energiepläne der Regierung, stark beeinträchtigt wird außerdem die Möglichkeit, konservative Bundesrichter zu ernennen. Für die Republikaner war dieser Donnerstag ein Fiasko. Es herrsche eine Stimmung wie auf einer Beerdigung, hieß es.

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