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Donald Trump, Präsidentschaftsbewerber, nach dem Mini-Super-Tuesday.

© AFP

US-Vorwahlen: Es ist fraglich, ob Trump genug Delegierte bekommt

Donald Trump eilt von Sieg zu Sieg, wird aber womöglich keine Mehrheit der Delegierten erreichen. Bei den Demokraten ist Hillary Clinton der Sieg nicht mehr zu nehmen. Eine Analyse.

Nach dem Mini-Super-Tuesday mit Vorwahlen in fünf gewichtigen US-Bundesstaaten ist Hillary Clinton die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei nicht mehr zu nehmen. Bei den Republikanern war Donald Trump zwar der klare Sieger in der Nacht zu Mittwoch und zwang Marco Rubio zur Aufgabe. Er konnte aber nicht den überragenden Vorsprung an Delegierten erzielen, den er für die Nominierung benötigt. Es wird zunehmend fraglich, dass er in den verbleibenden Vorwahlen auf die 1237 Delegierten kommt, die für die offizielle Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der Partei erforderlich sind.

Clinton siegte in allen fünf Staaten, in Florida, North Carolina und Ohio deutlich, in Illinois und Missouri hingegen nur knapp. Für sie war es aber symbolisch wichtig, dass sie auch Illinois und Ohio gewann: Staaten mit hohem Anteil an weißen Arbeitern, einer Wählergruppe, mit der sie sich zuletzt schwer getan hatte. Clintons Vorsprung an Delegierten gegenüber ihrem Herausforderer Bernie Sanders ist inzwischen drei Mal so hoch wie Barack Obamas Führung ihr gegenüber zum vergleichbaren Zeitpunkt der Vorwahlen 2008.

In ihrer Siegesrede in West Palm Springs, Florida, konzentrierte Clinton sich auf die Auseinandersetzung mit dem Republikaner Donald Trump und dessen Aussagen über illegale Einwanderer und Muslime. Trump sei nicht „strong“, sondern „wrong“: „Wenn ein Präsidentschaftskandidat dazu aufruft, zwölf Millionen Immigranten (zur Ausweisung) zusammenzutreiben, allen Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten und Folter zu erlauben, dann macht ihn das nicht stark, sondern dann liegt er falsch.“

Entscheidend für Trumps Bilanz der Nacht war sein hoher Sieg in Florida, wo er den von dort stammenden Senator Marco Rubio mit 46 zu 27 Prozent deklassierte. Trump erhält alle 99 Delegierten des „Sunshine State“. Doch ebenso schicksalhaft war Trumps Niederlage in Ohio, dem anderen „Winner takes all“-Staat am Dienstag. Dort besiegte ihn John Kasich, der Gouverneur von Ohio mit 47 zu 36 Prozent und sicherte sich alle 66 Delegierten dieses Staates. Die fehlen Trump in der Delegiertenbilanz.

Siegesrede in Florida

In Illinois und North Carolina lag Trump mit einem Stimmenanteil von rund 40 Prozent und einigen Prozentpunkten Abstand auf den Zweitplatzierten Ted Cruz vorn, in Missouri gewann er hauchdünn vor Cruz. In der entscheidenden Währung des Machtkampf, den Delegierten, konnte Trump aber nicht ausreichend zulegen. Um auf die 1237 Delegierten für die Nominierung zu kommen, müsste er im Schnitt der verbleibenden Vorwahlen annähernd zwei Drittel der Delegierten gewinnen. Am Mini-Super-Tuesday reichte es aber nur für rund die Hälfte der Delegierten.

Trump wählte für seine Siegesrede ebenfalls Florida, wo ihm mehrere Luxus-Ferienanlagen gehören und wo sein Triumph über Rubio das größte Medieninteresse auslöste. In der für ihn typischen einfachen Sprache, die sich auf wenige Schlüsselworte konzentriert, die er in kurzen Wendungen wiederholt, bekannte er sich dazu, der Hoffnungsträger der Frustrierten und Zornigen zu sein. „Es gibt einen großen Zorn. Glaubt mir, da draußen herrscht großer Zorn.“

Der Verlierer der Nacht ist Marco Rubio

Der Verlierer der Nacht war Marco Rubio. Er hatte darauf gesetzt, seinen Heimatstaat Florida zu gewinnen. Als sich die Umfrageergebnisse ungünstig für ihn entwickelten, hatte er fast ausschließlich dort Wahlkampf geführt und die anderen vier Staaten links liegen lassen. Am Ende verlor er Florida deutlich und kam in den übrigen vier Staaten auf den letzten Platz. Noch in der Nacht beendete Rubio seine Bewerbung um das Weiße Haus.

In seiner Abschiedsrede zeigten sich erneut seine Schwachstellen: Seine Sprache ist kühl und technokratisch. Es fällt ihm schwer, authentische Gefühle zu zeigen. Was er sagt, klingt analytisch klug, aber auch berechnend und nicht spontan oder gar von Herzen kommend. „Amerika findet sich in der Mitte eines politischen Sturms, eines Tsunami.“ Trump nutze die Ängste der Bevölkerung aus. Politisch betrachtet sei das ein einfaches Erfolgsrezept. „Es ist aber nicht gut für Amerika“, warnte Rubio. „Die Politik der Ressentiments gegen andere Menschen hinterlässt nicht nur eine gespaltene Partei. Sie hinterlässt uns als gespaltene Nation.“

Hat aufgegeben. Marco Rubio, gescheiterter Präsidentschaftsbewerber der Republikaner.
Hat aufgegeben. Marco Rubio, gescheiterter Präsidentschaftsbewerber der Republikaner.

© REUTERS

Die Gewaltausbrüche bei Trump-Auftritten, die am Freitag zur Absage einer Wahlkampfveranstaltung in Illinois geführt hatten, blieben ohne erkennbare Auswirkungen auf die fünf Vorwahlen. Über die Handgemenge zwischen protestierenden Trump-Gegnern und seinen Anhängern, bei denen Gegendemonstranten verletzt wurden, berichten die Medien zwar breit. Sie scheinen Trump-Anhänger aber nicht davon abzubringen, ihm die Stimme zu geben.

Von Sprache und Auftreten ist John Kasich ein Gegenmodell zu Rubio. Er redet in volkstümlichen Bildern, wirkt oft ein bisschen unbeholfen, strahlt aber Wärme aus. Der Gouverneur von Ohio hatte versprochen, einen positiven Wahlkampf zu führen und die gegenseitigen Herabsetzungen nicht mitzumachen. Er werde „nicht die niedrigste Straße zum höchsten Amt der Nation“ wählen, versprach er in seiner Siegesrede in Ohio. In Anspielung auf die Trecks der Siedler bei der Eroberung des Westens lenkte er den Blick auf Kalifornien, wo bei der Vorwahl am 7. Juni die meisten Delegierten zu vergeben sind: „Ich werde mich im Planwagen auf den Weg nach Westen machen.“

Zahlenmäßig hat Kasich kaum eine Chance, offizieller Präsidentschaftskandidat zu werden. Ohio war sein erster Sieg unter den republikanischen Abstimmungen in bisher 31 Bundesstaaten. Kasich hat nun 138 Delegierte, Trump 621. Die Wähleranalysen zeigen freilich, dass sie unterschiedliche Gesellschaftsgruppen ansprechen: Bei den Schlechterverdienenden unter 50.000 Dollar pro Jahr liegt Trump vorne. Unter Wählern mit einem jährlichen Einkommen über 100.000 Dollar führt Kasich mit 30 Prozentpunkten Vorsprung.

Diese Spreizung, welche Gesellschaftsgruppen sich von Trump angesprochen und welche eher abgestoßen fühlen, erklärt mit, warum Trump trotz seiner klaren Führung kaum zusätzliche Wähler für sich gewinnen kann und sich schwer tut, über einen Anteil von 40 Prozent der republikanischen Anhänger hinaus zu wachsen. In früheren Wahljahren hatte der Führende, sobald die Konkurrenten nach und nach aus dem Rennen ausschieden, über 50 Prozent der Wähler angezogen.

Ted Cruz konnte dieses Mal keinen Staat gewinnen, bleibt dank seiner zweiten Plätze in drei der fünf Vorwahlstaaten jedoch in der Delegiertenzählung am nächsten an Trump. Cruz bemüht sich, die Wähler davon zu überzeugen, dass das Rennen im Grunde längst zu einem Zweikampf zwischen ihm und Trump geworden sei. Er sei der Einzige, der Trump in mehreren Staaten besiegt habe und ihm die Nominierung noch streitig machen könne.

Mathematisch mag das stimmen, politisch ist auch Cruz chancenlos, auf die 1237 Delegierten für die Nominierung zu kommen. Er hat jetzt 396 Delegierte. 980 sind in den verbleibenden 19 republikanischen Vorwahlen noch zu vergeben. Cruz müsste 86 Prozent davon gewinnen, um auf die Zahl 1237 zu kommen. Trump immerhin nur 63 Prozent.

Immer mehr Republikaner stellen sich auf die Alternative ein, dass womöglich erst der Parteitag Mitte Juli entscheidet, wer für die Konservativen gegen Hillary Clinton im Herbst antritt.

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