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Politik: US-Wahl: Doppelte Schlappe für Al Gore

Im Rechtsstreit um die US-Präsidentschaftswahl hat Vizepräsident Al Gore in Florida zwei Rückschläge hinnehmen müssen. Der Oberste Gerichtshof Floridas lehnte einen Eilantrag des Demokraten zur sofortigen Handzählung der Stimmzettel in dem für den Wahlausgang entscheidenden Bundesstaat ab.

Im Rechtsstreit um die US-Präsidentschaftswahl hat Vizepräsident Al Gore in Florida zwei Rückschläge hinnehmen müssen. Der Oberste Gerichtshof Floridas lehnte einen Eilantrag des Demokraten zur sofortigen Handzählung der Stimmzettel in dem für den Wahlausgang entscheidenden Bundesstaat ab. Zudem wies das Gericht einen Antrag von Wählern auf eine Neuwahl im Bezirk Palm Beach zurück. Derweil holten die Demokraten bei der Senatswahl auf, so dass sie nunmehr genauso viele Sitze in der Kammer haben wie die Republikaner.

Gore hatte die höchste Instanz in Florida am Donnerstag aufgefordert, umgehend die Handzählung der rund 13 000 umstrittenen Stimmen aus den Bezirken Miami-Dade und Palm Beach anzuordnen. Die Stimmzettel waren in einer spektakulären Aktion unter Polizeischutz nach Tallahassee gebracht worden. Bezirksrichter Sanders Sauls, der das Verfahren zur Anfechtung des Wahlergebnisses in Florida leitet, wollte am Samstag über die nachträgliche Auswertung der Stimmen entscheiden. Der Republikaner George W. Bush ist strikt gegen die Auswertung, die seinen amtlich bescheinigten Vorsprung in Florida in Frage stellen könnte.

Vor dem Obersten Gerichtshof Floridas hatten sich einige Wähler über verwirrende Stimmzettel bei der Abstimmung am 7. November beklagt. Die Stimmzettel seien missverständlich gestaltet gewesen, so dass viele Wähler zunächst versehentlich für den ultrakonservativen Kandidaten Pat Buchanan gestimmt hätten. Nachdem sie sich ihres Irrtums bewusst geworden seien, hätten sie auf den Zetteln zusätzlich für einen anderen Kandidaten gestimmt, begründeten die Wähler ihren Antrag.

Dagegen entschied das Gericht, dass die Stimmzettel nicht zu beanstanden seien. Insgesamt 19 000 Stimmzettel waren in Palm Beach für ungültig erklärt worden, weil die Wähler darauf doppelt votiert hatten.

Derweil wurde im Bundesstaat Washington die demokratische Unternehmerin Maria Cantwell zur Siegerin der dortigen Senatswahl erklärt. Sie setzte sich mit knappem Vorsprung gegen den republikanischen Mandatsinhaber Slade Gorton durch. Cantwells Sieg könnte große Bedeutung erlangen, wenn sich der Streit um die Präsidentschaftswahl weiter hinzieht und letztlich vom Kongress entschieden werden muss. Solange er noch Vizepräsident ist, hat Gore in seiner Funktion als Senatspräsident im Oberhaus bei einem Patt die entscheidende Stimme. Die Machtverhältnisse im Senat dürften sich jedoch wieder ändern, sobald über den nächsten Präsidenten entschieden ist.

US-Präsident Bill Clinton sieht seinen Stellvertreter Al Gore als klaren Sieger der Wahl eines Nachfolgers im Weißen Haus. Dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte Clinton, der amtierende Vizepräsident habe auch in Florida klar gewonnen. Zugleich warnte der amerikanische Präsident den republikanischen Bewerber George W. Bush vor erheblichen Legitimationsproblemen im Falle einer Amtsübernahme. Sollte dem Gouverneur von Texas ohne eine vollständige Überprüfung der Ergebnisse in Florida der Wahlsieg zugesprochen werden, dürfte eine solche Fehlentscheidung schon in wenigen Wochen aufgedeckt werden. Denn dank der liberalen Gesetze in dem US-Bundesstaat könnten sehr bald Professoren mit ihren Seminaren selbst mit der Nachzählung der Wahlzettel beginnen. Dadurch bestätigte Zweifel an seiner Legitimation dürften das Amt eines Präsidenten Bush schwer beschädigen, warnte Clinton.

Der amerikanische Präsident sprach nach Angaben des Magazins am Rande einer Buchpräsentation seines ehemaligen Sicherheitsberaters Anthony Lake mit dem Washingtoner "Spiegel"-Korrespondenten. "Al Gore hat in Florida gewonnen", sagte Clinton dem Bericht zufolge. Damit stünden ihm auch die entscheidenden 25 Wahlmänner dieses US-Staats zu. Angesichts des wachsenden Drucks zu einer schnellen Lösung riet Clinton seinem Vizepräsidenten wie auch dem amerikanischen Volk zu Geduld. "Am wichtigsten ist - die ganze Geschichte muss an den Tag", sagte er. Clinton fügte hinzu: "Amerika wird zum Gespött der Welt, wenn die umstrittenen Stimmen nicht gezählt werden."

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