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Obama und Clinton

© AFP

US-Wahl: Eine demokratische Frage

2026 oder 2118 Delegierte? Die Partei muss entscheiden, ob Clinton zusätzliche Stimmen bekommt. Die Senatoren schenken sich nichts.

Noch ist die Zahl 2026 das Maß aller Dinge bei den Demokraten: 2026 Delegierte werden verlangt für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat. Barack Obama hat inzwischen 1977 sicher, Hillary Clinton 1777. Die fehlenden 49 Delegierten hofft Obama in den letzten drei Vorwahlen in Puerto Rico an diesem Sonntag sowie in Montana und South Dakota am Dienstag zu gewinnen – und sollte es dann immer noch nicht reichen, wird es nur eine Frage weniger Tage sein, bis sich weitere Superdelegierte für ihn erklären und ihm über die 2026-Barriere helfen.

Doch zuvor könnte sich die Machtarithmetik ändern. An diesem Sonnabend tagt in Washington das Parteikomitee, das über die Einhaltung der Regeln wacht. Es muss entscheiden, was mit den Delegierten aus Florida und Michigan geschehen soll. Bisher zählen die Vorwahlen dort nicht, weil beide Staaten Wahlen früher abgehalten hatten, als es die Partei erlaubte. Das Regelkomitee hatte die Staaten gewarnt, es werde die Resultate für ungültig erklären, wenn Florida und Michigan nicht nachgeben. Alle Kandidaten trugen diese Entscheidung mit. Sie beugten sich auch der Vorgabe, keinen Wahlkampf in beiden Staaten zu führen – und alle außer Clinton ließen ihren Namen vom Wahlzettel in Michigan streichen.

Inzwischen will Hillary Clinton nichts mehr davon wissen. Sie hat diese merkwürdigen „Wahlen“ am 15. Januar in Michigan ohne Gegenkandidaten und am 29. Januar in Florida ohne Wahlkampf gewonnen, und jetzt braucht sie die Delegierten der Staaten, um Obama doch noch gefährlich zu werden. Seit Wochen führt sie eine Kampagne, es müssten alle Stimmen gezählt werden, sonst sei Amerikas Demokratie nicht mehr wert als die der Wahlfälscher in Simbabwe. Sie verglich ihre Lage mit der der Schwarzen und der Frauen in den USA, bevor diese Gruppen das Wahlrecht erhielten – was teils Kopfschütteln, teils Empörung auslöste. Für Sonnabend haben ihre Anhänger Demonstrationen vor dem Tagungsort einberufen, um das Komitee unter Druck zu setzen.

Auch Obama wünscht einen Kompromiss, freilich aus anderem Grund. Er möchte Delegierte aus Florida und Michigan beim Parteitag Ende August in Denver sehen, weil es mit Blick auf die Hauptwahl gegen den Republikaner John McCain im November klug erscheint, potenzielle Wähler in diesen Staaten zu umwerben. Beide sind wichtige „Swing States“, die mal demokratisch, mal republikanisch wählen. Vielleicht werden sie wahlentscheidend. Obamas Vorschlag: Die 368 zusätzlichen Delegierten sollen je zur Hälfte auf Clinton und ihn verteilt werden.

Wenn Florida und Michigan alle 368 Delegierten zuerkannt werden, wächst die Barriere für die Nominierung von 2026 auf 2210 – und würden sie nach dem Wahlausgang verteilt, könnte Clinton Obamas Vorsprung deutlich verkürzen, denn sie bekäme gut 60 Prozent dieser zusätzlichen Delegierten. Doch eine volle Zählung aller Delegierten haben die Juristen der Demokratischen Partei ausgeschlossen. Das Komitee dürfe den Regelbrechern maximal die Hälfte der regulären Delegierten zusprechen, lautet ihre Vorgabe – so haben es auch die Republikaner bei ihren Regelverstößen gehalten. Oder das Komitee dürfe zwar alle Delegierten nach Denver einladen, aber denen aus Florida und Michigan nur je eine halbe Stimme geben. Käme es so, wäre ab Sonntag die Zahl 2118 das Maß der Macht bei den Demokraten.

Nancy Pelosi, die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, und Harry Reid, der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, rufen jetzt die rund 200 noch unerklärten Superdelegierten auf, sich unmittelbar nach der letzten Vorwahl am Dienstag öffentlich für Obama oder Clinton zu entscheiden, um der Partei eine Spaltung bis in den Parteitag hinein zu ersparen. „Am Mittwoch kennen wir den Sieger“, sagt Reid. Und Mitarbeiter fügen hinzu, es könne nur Barack Obama sein.

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