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Politik: US-Wahl: Für die Börsen ist Bush der Wunschkandidat

Entspannen konnten sich die Händler an den Weltbörsen am Mittwoch nicht. Der ungeklärte Wahlausgang in den USA verunsichterte auch die Finanzmärkte.

Entspannen konnten sich die Händler an den Weltbörsen am Mittwoch nicht. Der ungeklärte Wahlausgang in den USA verunsichterte auch die Finanzmärkte. Wer wird die größte Wirtschaftsmacht der Welt führen? Gebannt starrten die Märkte in den vergangenen Tagen auf die letzten Umfrageergebnisse, hielten sich mit Käufen zurück. Der Wahlgang sollte alle Unsicherheiten ausräumen. Einige Analysten vermuteten, endlich könne nun die lang erwartete Herbstrallye beginnen, die Aktienpreise würden nach Rückschlägen wieder anziehen. Aber die Zitterpartie ging auch nach der Wahlnacht weiter.

Wunschkandidat der Börsen war offensichtlich George Bush, der im Falles seines Wahlsieges Steuersenkungen in Aussicht gestellt hatte. Vollkommen vergessen scheint die hervorragende Wirtschafsbilanz der Präsidentschaft Bill Clintons, an der Al Gore als Vizepräsident maßgeblich beteiligt ist. Als Bush zum vorläufigen Sieger erklärt wurde, gingen die Kurse in Europa zunächst in die Höhe. Mit zunehmender Unsicherheit gaben sie die Gewinne wieder ab. Dann dominierte Stillstand, auch an der New Yorker Wall Street. Ähnlich - wenn auch genau entgegengesetzt - erging es dem Euro. Hoffnungen, der Kandidat der Demokraten Al Gore könne Bush schlagen, gaben dem Euro an den asiatischen Märkten Impulse. Dort erreichte er sein Hoch bei 0,869 US-Dollar. Mit dem vorläufigen Ergebnis, Bush sei Wahlsieger, kam die Ernüchterung. Der Euro musste seine Gewinne wieder abgeben. Mit den im Laufe des Tages wachsenden Chancen Gores, Bush doch noch zu überrunden, kehrte sich das Bild nochmals um. Vorherige Verluste konnte die Europäische Gemeinschaftswährung teilweise wieder wettmachen. Die Europäische Zentralbank (EZB) bestimmte als Referenzkurs 0,8559 US-Dollar. Allgemein wird erwartet, dass Gore eine einvernehmlichere Politik gegenüber Europa verfolgen würde als Bush, dessen Berater Lawrence Lindsey sich gegen Interventionen der amerikanischen Notenbank zugunsten des Euros ausgesprochen hat.

Jens Dallmeyer, USA-Experte der Deutschen Bank, sagte dem Tagesspiegel: "Weil der Ausgang der Wahlen so knapp war, sind die möglichen Veränderungen in die Kurse noch nicht eingepreist worden." Daher könne es jetzt zu Überreaktionen kommen. "Doch längerfristig werden die Fundamentaldaten wieder eine größere Rolle spielen." Von Bushs Steuerplänen erwarteten sich die meisten Marktteilnehmer Impulse für die amerikanische Wirtschaft und amerikanische Aktien. Dies ließe auch Ausländer ihr Geld in Dollar und den US-Finanzmarkt investieren. "Das würde den Euro unter Druck setzen", betont Dallmeyer. Allerdings erwartet er keine kurzfristigen Impulse durch Steuersenkungen des Präsidenten in spe George Bush. "Das Programm ist auf zehn Jahre angelegt und betrifft teiweise erst die nächste Regierungsperiode." Auswirkungen seien erst in einigen Jahren zu erwarten.

Zurzeit verlangsamt sich die Geschwindigkeit, mit der die amerikanische Wirtschaft wächst. Doch sind die wirtschaftlichen Aussichten der Euro-Zone ebenfalls etwas gedämpft. Aktuelle Wirtschaftsdaten deuten auf ein langsameres Wachstum hin. Michael Heise, Chefvolkswirt der DG Bank, rechnet daher erst für das Ende des kommenden Jahres damit, dass die Euro-Dollar-Parität wieder erreicht wird. "Spätestens wenn sich zeigen wird, dass der hohe Ölpreis die Konjuktur in Deutschland und Europa nicht abwürgen konnte, wird der Euro wieder stärker", sagte Heise in Frankfurt. Dem gegenüber bezeichnete Bundesbankpräsident Ernst Welteke in einem Interview den Euro als unterbewertet.

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