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US-Wahl: Obama: "Ich bin kein Muslim!"

Im Rennen um die demokratische Kandidatur ist offenbar jeder Trick erlaubt. Mag er auch noch so unter die Gürtellienie gehen. Das bekommt jetzt Barack Obama zu spüren. Der charismatische Kandidat sieht sich derzeit mit einer Hetzkampagne konfrontiert, die ihn offenbar sehr nervös macht.

In einer Flut von anonymen E-Mails wird dem Spitzenkandidaten unterstellt, dass er ein radikaler Muslim und Mitglied einer radikalen Vereinigung in Indonesien sei. Er soll sich geweigert haben, den Treueschwur der USA zu leisten, außerdem habe er bei seiner Vereidigung nicht auf die Bibel, sondern auf den Koran geschworen. So abstrus sich diese Anschuldigungen anhören, Obama nimmt sie scheinbar sehr ernst. Er veröffentlichte jetzt auf seiner Internetseite in einem virtuellen „Fact Check Centre“ eine ausgeklügelte Antikampagne mit den Beweisen seiner Unschuld. Doch die Gerüchte machen weiter ihre Runde. Laut Snopes.com - eine Internetseite, die falsche Gerüchte entlarvt - sind die Anschuldigungen das „heißeste“ Gerücht derzeit. Obama steht auf der Liste namens „Hottest Urban Legends“ auf Platz eins.

„Take Action“ ruft Obama seiner Gefolgschaft im Internet zu. Seine Fans sollen nicht untätig bleiben, sondern dem verleumdnerischen Treiben ein Ende bereiten. Dazu finden sie auf der Seite verschiedene E-Mail-Versionen, die zu den Anschuldigungen Stellung beziehen. Dort können nun sie ihrerseits Massen-E-Mails versenden und mit den vorgegebenen Statements die Lügen parieren.

Ein wenig zu bemüht

Obamas Mitarbeiter waren fleißig. Zeugen, Reden, Artikel und Presse-Erklärungen werden im Kampf um seine Glaubwürdigkeit zitiert. Die Washington Post zum Beispiel nimmt den Vorwurf ins Visier, Obama würde den Treueschwur nicht leisten. Allerdings tut sie das in einer eher spaßigen Rubrik mit dem Titel „The Fact Checker“. Dort zeigt sie die Beweis-Fotos: Obama mit der Hand auf dem Herzen beim Treueschwur. Die „Halunken, die die E-Mails in Umlauf brachten", so die Washington Post, erhalten „vier Pinocchios“, eine Note, mit der eine besonders fette Lüge bewertet wird. Obama zitiert sogar seinen Großvater, der ihm schon im zarten Alter von zwei Jahren die richtige Einstellung zum Schwur eingetrichtert haben soll. Der Demokrat verweist immer wieder auf „die Fakten“, es hat beinahe etwas Bemühtes.

Diese Performance, Fakten im Mix mit Theatralik gegen die Gegner einzusetzen, nutzt auch Hillary Clinton. Die Seite "The Fact Hub" dient allein dem Zweck, ihrem Konkurrenten Obama ungeniert anzuschwärzen. Gnadenlos werden seine vermeintlichen Widersprüche und falsche Versprechungen "entlarvt". Auf der Liste der heißesten Gerüchte steht die ehemalige First Lady zwar "nur" auf Platz acht. Dafür kursieren aber auch weitaus mehr Lügengeschichten über sie. Daran hat ihr Mann bestimmt nicht unerheblichen Anteil. Bill Clinton war schon immer für unglaubliche Geschichten gut, die umso besser waren, weil sie der Wahrheit entsprachen. Die Gerüchte über Hillary sind vergleichsweise zahm. Sie soll sich geweigert haben, die "Gold Star Mothers" zu treffen, eine Organisation von Müttern, deren Kinder im Krieg starben. Ein naher Verwandter Hillarys soll außerdem entweder ein Pferdedieb oder ein Zugräuber gewesen sein.

Wer, sich heftig wehrt, hat ein schlechtes Gewissen?

Barack Obama hat es definitiv schwerer. Prominente Fürsprecher wie der ehemalige Präsidentschaftskandidat John Kerry eilen ihm zur Seite. "Wenn Lügen sich virusartig ausbreiten können, lasst uns den Zynikern beweisen, dass die Wahrheit genauso überzeugend wie mächtig sein kann", wird Kerry auf Obamas Seite zitiert. Er dürfte sich noch an seine eigene Kandidatur erinnern, die unter der Attacke einer Gruppe namens „Swift Boat Veterans For Truth“ litt, ehemalige US-Soldaten, die sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2004 gegen Kerry aussprachen. Viele glaubten damals, dass sich Kerrys Entscheidung, die teils wackeligen Anschuldigungen der Gruppe nicht zu beachten, negative auf seine Kandidatur ausgewirkt habe.

Ob es Obama besser macht mit seiner etwas überdrehten Reaktion, wird sich zeigen. Vielleicht gibt er der Hetzkampagne damit auch nur mehr Holz ins Feuer. Den Wirbel, den er veranstaltet, dürfte jedenfalls auch diejenigen von den Gerüchten in Kenntnis setzen, die bislang nichts davon mitbekommen haben.

Katrin Jurzig

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