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Clinton

© AFP

US-Wahlen: Hillary-Bashing auf dem Höhepunkt

Ob es noch schlimmer kommen kann? Sexuelle Ausschweifungen, zerstörte Leben, Mord und Totschlag: Kein Vorwurf ist zu abwegig, als dass er nicht über Clinton verbreitet werden könnte. Ihren Konkurrenten Obama lässt man derweil in Ruhe.

Es gibt kaum etwas, das ihr die Gegner nicht zutrauen. Kein Politiker in den USA wird dermaßen dämonisiert wie Hillary Clinton. Seit ihrer Zeit als First Lady im Weißen Haus zieht Clinton Hass auf sich wie sonst niemand in der Riege der Kandidaten um die Präsidentschaft. Kein Vorwurf scheint zu abwegig, um nicht in Büchern, Radio-Talkshows oder Internetforen verbreitet zu werden: Mord und Totschlag, abgrundtiefe Charakterlosigkeit, sexuelle Eskapaden. So übel die Nachrede auch ist, zeigt sie doch eines: Die Kandidatin polarisiert und weckt bei vielen Wählern Abwehrreflexe. Ihr Konkurrent Barack Obama spaltet viel weniger.
  
Ein paar Griffe in die Regale politischer Buchhandlungen in den USA genügen, und schon entfaltet sich dem Leser ein Panorama des Schreckens um Hillary Clinton. Emmett Tyrell, Chefredakteur des konservativen Magazins "American Spectator", warnt in seinem jüngsten Buch: "Clinton würde eine Regierung nur aus Frauen ernennen, um mit dem Patriarchat abzurechnen." Das Ergebnis wäre ein "Kabinett aus kurzhaarigen Xanthippen und Krypto-Marxisten". Dies ist nur ein besonders bizarres Beispiel für das verbreitete Phänomen des "Hillary-Bashing".
 
Keine "Enthüllungsliteratur" über Obama
  
Der New Yorker Journalist Edward Klein etwa stellt in seinem unter rechten Clinton-Gegnern einflussreichen Buch "Die Wahrheit über Hillary" wilde Mutmaßungen über außereheliche Eskapaden der Politikerin an - völlig frei von Belegen. Ihren Mann Bill habe sie nur aus Karrierestreben geheiratet, ist Klein überzeugt. Die konservative Politikberaterin Bay Buchanan resümiert derweil in ihrer Clinton-Biografie: "Es gibt Belege dafür, dass Hillary reuelos lügt, betrügt, stiehlt, die Justiz behindert und das Leben unschuldiger Menschen zerstört." Dutzende solcher Buchtitel sind im Angebot und finden ihre Käufer. Vergleichbar üble "Enthüllungsliteratur" über Obama liegt noch nicht vor.
  
Die Vorwürfe gegen Hillary Clinton sind zumeist unbelegt, strotzen vor Niedertracht und abgedroschenen Klischees. Ihre Urheber sind oft im stramm rechten Millieu angesiedelt. Bei aller Abwegigkeit ist der stete Strom von Anwürfen für die Kandidatin gefährlich, halten sie doch den durchaus vorhandenen Argwohn gegen die Clintons am Leben. In der jüngsten Umfrage der "Washington Post" gaben fast 60 Prozent der Befragten an, sie hielten die Kandidatin für "nicht ehrlich und vertrauenswürdig" - für eine Politikerin mit Präsidentschaftsambitionen ein bedrohlich schlechter Wert.

Mörderin eines Selbstmörders
  
Seine Wurzeln hat der Hillary-Hass in den 90er Jahren in der Präsidentschaft von Bill Clinton, die durch eine ganze Reihe von Skandalen geprägt wurde: In der Whitewater-Affäre ging es um den Verdacht der Bereicherung in einem Grundstücksgeschäft, im "Travelgate"-Skandal um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs, in Bill Clintons Skandalaffäre mit einer Praktikantin ging es um Ehrlichkeit und Charakter. Der Selbstmord von Hillary Clintons Vertrauten Vincent Foster hatte gegen sie gar Mordverwürfe laut werden lassen, die auch heute noch unter ihren Gegnern zirkulieren.
  
Zu den wortmächtigsten Hillary-Gegnern zählt ausgerechnet jener Mann, der Bill Clinton als Wahlkampfchef 1996 zu einer triumphalen Wiederwahl verhalf. Alle paar Tage tritt Dick Morris derzeit in Radio- und Fernsehsendern als eine Art Kronzeuge für die angebliche Charakterlosigkeit der Clintons auf. "Hillary Clinton ist eine notorische Lügnerin", behauptet Morris. Der Berater ist auf einem Rachefeldzug, seit ihn Bill Clinton wegen einer Affäre mit einer Prostituierten entlassen hatte.
  
Das Imageproblem der Senatorin von New York reicht weit über die konservativen Medien hinaus. Das unabhängige Washingtoner Medieninstitut Center for Media and Public Affairs veröffentlichte im März eine Auswertung von fast 700 Beiträgen aus Fernsehnachrichten aller großer US-Sender. Ihr Ergebnis: 83 Prozent aller Aussagen über Obama waren positiv, aber nur 53 Prozent über Hillary Clinton.

Peter Wütherich[AFP]

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