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© dpa

US-Wahlkampf: McCains Kurs sinkt

Im US-Präsidentschaftsrennen entwickelt sich die Krise an den Finanzmärkten zur Nagelprobe für die beiden Kandidaten.

Die Bankenkrise in den USA hat das Präsidentschaftsrennen binnen weniger Tage gedreht und wird nach Ansicht führender Meinungsforscher die Wahl entscheiden. „Die Unruhe an der Wall Street ist das ökonomische Äquivalent zu Russlands Einmarsch in Georgien“, sagte Neil Newhouse, Mitgründer des Instituts Public Opinion Strategies, ausländischen Korrespondenten in Washington. „Wer zuerst die richtige Tonlage trifft, erringt einen strategischen Vorteil“, ergänzte Stan Greenberg, Chef der Firma Greenberg, Quinlan, Rosner. Die Krise um Georgien im August nutzte dem Republikaner John McCain. Bei der Bankenkrise sehen die Meinungsforscher den Demokraten Barack Obama im Aufwind. In den jüngsten Tagen ist McCains Vorsprung, den er seit der Nominierung von Sarah Palin als Vizepräsidentschaftskandidatin errungen hatte, geschrumpft. In den Umfragen lag er vor eineinhalb Wochen im Schnitt mit drei Prozentpunkten in Führung. Aktuell sind es nur noch 1,3 Prozentpunkte.

Ungeschickte Äußerungen seiner Wirtschaftsberaterin Carly Fiorina haben dem Kandidaten der Republikaner zusätzlich geschadet. „Ich glaube nicht, dass John McCain ein großes Unternehmen führen könnte“, hatte die frühere Chefin des Computer- und Elektronikkonzerns Hewlett Packard am Dienstag im Sender MSNBC gesagt.

Eigentlich wollte Fiorina, die selbst als mögliche Vizepräsidentschaftskandidatin gehandelt worden war, eine kritische Äußerung über Palin relativieren. In einem anderen Interview hatte sie zuvor Palins Qualitäten als Politikerin betont, jedoch mit der Einschränkung, dass der Gouverneurin von Alaska die nötige Erfahrung für einen Leitungsposten in der Wirtschaft fehle. In MSNBC sagte sie wenig später, auch McCain, Obama und dessen Vize Joe Biden hätten keine Wirtschaftserfahrung und könnten keinen großen Konzern führen. Als Schlagzeile blieb übrig, dass McCains Wirtschaftsberaterin ihrem eigenen Boss die ökonomische Kompetenz in dem Moment abspricht, in dem die Bankenkrise zum zentralen Wahlkampfthema wird.

McCain hat seit Montag eine wirtschaftspolitische Wende vollzogen. Bisher hatte er auf die Selbstheilungskräfte des Markts gesetzt und staatliche Eingriffe abgelehnt. Nun schimpft er über „das rücksichtslose Vorgehen, die Korruption und die ungezügelte Gier“ der Wall Street. Er werde die staatliche Bankenaufsicht reformieren.

Seine Vizepräsidentschaftskandidatin spaltet die Öffentlichkeit unterdessen immer mehr. Anhänger der Demokraten sprechen ihr die Eignung für den Spitzenjob ab; Angaben der Republikaner über Palins Leistungen seien Propaganda. Seit ihrer Nominierung vor knapp drei Wochen haben die großen Zeitungen täglich neue Aspekte ihrer behaupteten Erfolge infrage gestellt und moniert, dass Palin sich Rückfragen der Medien entziehe. Am Mittwoch ging es um die Energiepolitik. In ihrem ersten TV-Interview, zwei Wochen nach ihrer Ernennung, hatte Palin gesagt, als Gouverneurin von Alaska habe sie die Aufsicht über 20 Prozent der Energieversorgung der USA. Nun rechnete die „Washington Post“ vor: Nur 3,5 Prozent der Energie stammten von dort. Republikaner empfinden die Berichterstattung als Hexenjagd. In ihren Augen ist Palin eine mutige und authentische Frau, die frischen Wind in die Politik bringt.

In den 48 Tagen bis zur Wahl wird sich das Schlaglicht auf die parteiunabhängigen Wähler richten, prognostizieren die Meinungsforscher Newhouse und Greenberg. Die Anhänger der Demokraten wie der Republikaner stünden geschlossen hinter ihren Kandidaten.

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