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USA: Bushs Image ramponiert

US-Präsident George W. Bush präsentiert sich gerne als entschlossener Macher, ein Image, das er etwa mit seiner Cowboy-Rhetorik im Anti-Terrorkampf kultiviert.

Washington - Um so tiefer sitzt der Schock über die vernichtende Kritik, die jetzt aus den eigenen Reihen auf ihn niederprasselt. Der Präsident hat an der Heimatfront versagt, im Urlaub weilend, während sich im Spätsommer 2005 am Golf von Mexiko das größten Naturdesaster der jüngeren US-Geschichte abspielte, geht aus dem Bericht über das Katastrophenmanagement hervor, der an diesem Mittwoch im Kongress präsentiert wird.

«Katrina war ein nationales Versagen», heißt es im Berichtsentwurf, aus dem Zeitungen vorab zitierten, «ein Sammelsurium aus Fehlern, Versäumnissen und Absurditäten». Präsident Bush bleibt von der Kritik nicht ausgespart. «Eine frühere präsidentielle Einmischung hätte die Hilfe beschleunigt», steht in dem Entwurf, weil nur der Präsident in der Lage gewesen wäre, das bürokratische Hickhack um Zuständigkeiten mit einem Schlag zu beenden.

Dass die Großstadt New Orleans bei einem schweren Hurrikan zu überfluten drohte, war seit Jahren bekannt. «Wenn wir mit so einer Reaktion (auf ein Desaster) rechnen müssen, wenn es Vorwarnungen gab, läuft uns ein Schauder über den Rücken, wenn wir daran denken, was passieren wird, wenn keine Vorwarnung vorliegt.»

Nationales Versagen

Die Bilder der Gestrandeten, die in New Orleans tagelang im Dreck und ohne Lebensmittel ausharren mussten, von Alten und Kranken, die bis zum Hals im Wasser standen, und Kindern, die auf Hausdächer geflüchtet waren und mit Kreide verzweifelte Hilferufe auf die Dachpfannen malten - das hat die kollektive Psyche schwer getroffen.

«Auf die Behörden ist im Fall eines Desasters kein Verlass» war die schockierende Lehre, die viele Amerikaner daraus zogen. Selbst bei Behörden saß der Schock tief. 14 der 50 Bundesstaaten sagten in einer Umfrage des Heimatschutzministeriums in den Wochen nach «Katrina» kleinlaut, sie seien nicht überzeugt, dass ihre eigenen Katastrophenpläne funktionieren. Mehr als die Hälfte glaubte nicht, im Falle einer Katastrophe mit großen Opferzahlen fertig zu werden.

Das ausgerechnet eine republikanische Kommission so vernichtende Kritik bis hin zum Präsidenten äußert, lässt im Weißen Haus die Alarmglocken schrillen. Im Herbst finden Zwischenwahlen zum Kongress statt. Die Republikaner müssen ihre Mehrheiten in beiden Häusern verteidigen. Dass die Abgeordneten versuchen könnten, sich bei den Wählern mit Bush-Kritik zu profilieren, passt dem Weißen Haus nicht.

Fehleranalyse

So schießt es zu seiner Verteidigung aus allen Rohren. «Ich weise jede Andeutung zurück, dass Präsident Bush ständig nicht völlig auf der Höhe der Ereignisse war», sagte Bushs Heimatschutzbeauftragte, Frances Townsend. Das Weiße Haus listete minutiös auf, wann Präsident Bush wo was anordnete und koordinierte. Eine eigene Pannenuntersuchung soll noch in diesem Monat mit 100 Verbesserungsempfehlungen veröffentlicht werden.

Der nach «Katrina» gefeuerte Direktor der Behörde für Katastrophenmanagement (FEMA), Michael Brown, hatte den Finger schon am Freitag in eine Wunde gelegt. «Ich bin überzeugt, wenn unser Bericht gelautet hätte: wir haben herausgefunden, dass Terroristen (in New Orleans) einen Damm in die Luft gejagt haben, wäre jeder aufgesprungen und hätte alles getan was nötig war», sagte er bei einer Anhörung im Kongress. Die Regierung sei viel zu sehr auf Terrorabwehr fixiert als auf Naturkatastrophen.

Das wies Heimatschutzminister Michael Chertoff scharf zurück. Der Eindruck, dass Bushs Regierung Amerikaner bei einen Naturdesaster, was vielen näher liegt als jeder Terrorangriff, im Stich gelassen haben könnte, ist in einem Wahljahr gefährlich. (Von Christiane Oelrich, dpa)

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