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Politik: USA gehen gegen Türken im Irak vor

Ankara streitet mit Washington nach Festnahme von elf Soldaten / Erdogan spricht von „hässlichem Vorfall“

Istanbul. US-Truppen haben im Norden Iraks elf türkische Soldaten gefangen genommen und damit Spannungen zwischen den beiden Nato-Partnern ausgelöst. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach am Samstag von einem inakzeptablen und „hässlichen Vorfall“. Erdogans Regierung verlangte von Washington die sofortige Freilassung der Soldaten. Im Laufe des Abends soll ein Teil der Soldaten freigelassen worden sein, sagte Erdogan dem Fernsehsender NTV. Der Zwischenfall brachte den schwelenden Interessenskonflikt zwischen den USA und der Türkei im Nordirak ans Licht.

Türkischen Angaben zufolge stürmten etwa 100 US-Soldaten am Freitagnachmittag ein Verbindungsbüro der türkischen Armee in der Stadt Sülemaniye im nordirakischen Kurdengebiet. Elf verblüffte türkische Soldaten, die zunächst an einen Freundschaftsbesuch der Amerikaner glaubten, wurden entwaffnet und zu einer US-Basis in der nahen Stadt Kirkuk gebracht. Die US-Soldaten sollen die Nachrichtenverbindungen in Sülemaniye unterbrochen haben, um den Vorfall so lange wie möglich geheim zu halten. Die US-Truppen hätten die Gefangennahme mit einem angeblich geplanten türkischen Mordanschlag auf den kurdischen Gouverneur von Kirkuk begründet, meldeten türkische Medien. Die türkische Regierung wies diese Anschuldigung zurück; von amerikanischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme vor.

In Ankara setzte die türkische Regierung alle Hebel in Bewegung, um die Freilassung der Soldaten zu erreichen. Außenminister Abdullah Gül ließ Diplomaten der US-Botschaft einbestellen und telefonierte mit seinem US-Amtskollegen Colin Powell. Erdogan sagte, so könne man unter Verbündeten nicht miteinander umgehen. Aus Protest schloss die Türkei ihren einzigen Grenzübergang nach Irak, über den in den vergangenen Wochen viele Versorgungsgüter ins nordirakische Kurdengebiet gelangt waren.

Spezialeinheiten der türkischen Armee sind seit Jahren in Nordirak stationiert, um die türkisch-kurdische Rebellenorganisation PKK zu verfolgen und zudem der Errichtung eines Kurdenstaates vorzubeugen. Die türkischen Soldaten blieben deshalb auch während des Irak-Krieges in der Region, beteiligten sich aber nicht an den Kämpfen. Weil sie die mit den Türken verwandte Volksgruppe der Turkmenen unterstützen, die mit den Kurden rivalisiert, sehen die nordirakischen Kurden sie als Bedrohung ihrer Autonomie. Die USA wünschen den Abzug der türkischen Truppen, was Ankara mit Hinweis auf die immer noch dort verschanzten PKK-Verbände ablehnt. Im März waren die türkisch-amerikanischen Beziehungen in eine schwere Krise geraten, weil die Türkei die Stationierung von US-Truppen für den Irak- Krieg ablehnte. Die US-Aktion in Sülemaniye platzt nun in eine Phase der Wiederannäherung.

Bei einer Explosion in der westirakischen Stadt Ramadi wurden am Samstag sieben Iraker getötet und 40 weitere verletzt. Ein Sprecher der US-Armee in Bagdad erklärte, die Explosion habe sich an einem Polizeigebäude ereignet, in dem gerade eine Abschlussfeier für Absolventen eines Polizistenlehrgangs stattfand. Wahrscheinlich habe es sich um einen selbst gebastelten Sprengsatz gehandelt.

In Bagdad ist am Samstagabend ein britischer Journalist erschossen worden. Der etwa 25 Jahre alte Mann ist nach US-Angaben von Unbekannten vor dem Nationalmuseum getötet worden. Das britische Außenministerium bestätigte den Tod eines Briten.

Streit um „Fuchs“-Panzer

Die FDP wirft der Bundesregierung vor, die Öffentlichkeit über die Rolle der deutschen Spürpanzer vom Typ „Fuchs“ in Kuwait getäuscht zu haben. Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer verlangte in einem Brief Aufklärung von Außenminister Joschka Fischer, wie die „Welt“ berichtete. Hintergrund ist eine Äußerung von Verteidigungs-Staatssekretär Hans Georg Wagner (SPD), die nach Ansicht Hoyers belegt, dass die Stationierung der Spürpanzer in direktem Zusammenhang mit dem Irak-Krieg stand. Die Bundesregierung hatte versichert, die Spürpanzer würden nur im Kampf gegen den internationalen Terrorismus eingesetzt, aber nicht im Irak-Krieg.

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